Permakultur

Lass die Natur regulieren, akzeptiere Feedback!

Wissensexkursion Permakultur, Teil 5.von Ulrike Meißner, erschienen in Ausgabe #21/2013
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© Ulrike Meissner

Von uns oft als Krankheiten, Schädlinge oder Fraßfeinde wahrgenommene Lebewesen halten durch ihr Eingreifen das Gesamtsystem stabil. Auch sogenannte Unkräuter haben mindestens eine uns bekannte Funktion im System Acker oder Garten: Sie leisten einen Beitrag zur Bodenbildung oder -regeneration. Beispielsweise lockern Pfahlwurzler wie Löwenzahn den Boden und fördern in die Tiefe gewanderte Nährstoffe wieder nach oben.
Die Geschichte des Apfelbauern Walter Margesin ist ein gutes Beispiel für die Arbeit mit der Natur statt gegen sie: Südtirol ist das Land der Äpfel und des Weins – beide werden fast gänzlich in Monokultur und selten ökologisch angebaut. Walter übernahm die 3-Hektar-Plantage seiner Eltern. Während er sie weiter bewirtschaftete, suchte er gleichzeitig nach anderen Anbauformen, denn als Apfelbauer lebt man ständig in Angst vor Wühlmaus, Apfelwickler, Apfelschorf und Hagel. Außerdem gibt es seit einigen Jahren den gefürchteten Besenwuchs, eine bakterielle Infektion, die sich nur durch Rodung der befallenen Bäume eindämmen lässt. Walter hatte schon auf einem halben Hektar begonnen, die Monokultur durch eine bunte Mischung aus Erdbeeren, Feigen, Pfirsichen, Himbeeren, Kürbissen, Aprikosen und Pflaumen zu ersetzen, als auf einem Teil der Apfel­fläche der Besenwuchs auftrat. Dies nahm er zum Anlass, auch hier eine ertragreiche und weniger anfällige Mischkultur anzulegen.
Sich selbst erhaltende und regulierende Systeme zu schaffen, ist ein Ziel permakulturellen Gestaltens – und, wie Holmgren es formuliert, der »Heilige Gral« der Permakultur: ein Ideal, nach dem wir streben, das wir aber nie völlig erreichen können. Dennoch gibt es einige Möglichkeiten, unsere Gärten und Plätze so zu gestalten, dass unser Eingreifen nach einer gewissen energie­intensiven Anfangsphase nur mehr punktuell notwendig wird. Ein ausgeklügeltes Baumscheibengärtner-System haben etwa die Autoren von »Gärtnern im Biotop mit Mensch« erprobt. Ihre Einteilung der Gemüsepflanzen in jene, die »sich selbst gärtnern« und jene, die geringe, mittelintensive oder intensive gärtnerische Pflege benötigen, kann sehr hilfreich sein.
Äußerst interessant sind auch Holmgrens Gedanken zu Feedback und Selbstregulation in menschlichen Gesellschaften. In traditionellen Kulturen existiere ein Bewusstsein dafür, dass sich Mechanismen von negativem Feedback oft sehr langsam – über Generationen hinweg – abzeichnen. Das belegten überlieferte Warnungen wie: »Die Sünden der Väter sieht man an den Kindern bis in die siebte Generation.«
In unserer modernen Gesellschaft leben wir (noch) in dem Glauben, ohne Konsequenzen in globalen Abhängigkeiten und nahezu grenzenloser Freiheit unseres Tuns zu leben und keinerlei Korrekturen nötig zu haben. Der typische moderne städtische Lebensstil bemerkt kaum, dass unser Verhalten ­– etwa der Verbrauch von Elektrizität oder Wasser – unsere Lebensgrundlagen überstrapaziert. Je mehr wir von uns selbst und unseren lokalen Ressourcen abhängig werden, desto wahrscheinlicher werden wir derartige Probleme frühzeitig bemerken und uns Verhaltensweisen aneignen, die dem Ganzen angemessen sind. 

 

Tiefer graben
www.permacultureprinciples.com (Englisch)

Literaturliste:

Permaculture
Principles & Pathways Beyond Sustainability.
David Holmgren
Holmgren Design Services 2002
286 Seiten
ISBN 0-646-41844-0

Handbuch der Permakultur-Gestaltung
Bill Mollison
Österreichisches Institut für angewandte Ökopädagogik 2002
640 Seiten
ISBN 978-3-200-01258-5

Permakultur für alle
Harmonisch leben und einfach gärtnern im Einklang mit der Natur.
Sepp und Margit Brunner
Ulmer
184 Seiten
ISBN 978-3-8001-6951-1

Permakultur kurz & bündig
Schritte in eine ökologische Zukunft.
Patrick Whitefield
Organischer Landbau Verlag 2003
69 Seiten
ISBN 3-922201-15-6

Rückkehr zur Natur
Die Philosophie des natürlichen Anbaus.
Masanobu Fukuoka
Pala
160 Seiten
ISBN 978-3-923176-46-5

In Harmonie mit der Natur
Die Praxis des natürlichen Anbaus.
Masanobu Fukuoka
Pala
152 Seiten
ISBN: 978-3-923176-47-2

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