Nutze und schätze erneuerbare Ressourcen und Leistungen!
Wissensexkursion Permakultur, Teil 6.von Ulrike Meißner, erschienen in Ausgabe #22/2013
Sogenannte erneuerbare Ressourcen sind solche, deren Verbrauch durch natürliche Prozesse in absehbaren Zeiträumen erneuert oder ersetzt werden kann, ohne dass dafür nicht-erneuerbare Ressourcen benötigt werden. Erneuerbare Leistungen sind solche, die wir von Pflanzen, Tieren, lebendigem Boden und Wasser erhalten, ohne dass diese dabei verbraucht werden. Schattenspendende Bäume und Sträucher können beispielsweise industriell hergestellte Sonnenschutzelemente ersetzen. Auch Lauben aus lebenden Gehölzen bieten die Funktion »Schutz vor Sonne« und, bis zu einem gewissen Grad, auch vor Niederschlag. Ihre Anlage braucht vergleichsweise wenig Ressourcen: bepflanzbaren Boden, Jungpflanzen oder Stecklinge, in der Anfangszeit etwas Wasser und Sonne. David Holmgren hat für jedes Permakulturprinzip ein Symbol festgelegt. Für dieses fünfte Prinzip wählte er das Pferd. Es erinnere uns daran, dass wir als Menschheit ohne unsere Nutztiere nicht dahin gekommen wären, wo wir heute sind. Silke Hagmaier formulierte in Oya, Ausgabe 12: »Ein Arbeitspferd kann in seinem Arbeitsleben 60 000 Liter Diesel einsparen.« Das ist nicht wenig. Heute machen wir uns Gedanken darüber, wieder mehr Balance in unsere Ressourcennutzung zu bringen – etwas, das vor nicht allzu langer Zeit die Norm war: In vorindustrieller Zeit unterstützten ausschließlich erneuerbare Ressourcen die Ernte von erneuerbaren Ressourcen. Menschliche und tierische Arbeit sowie viele der Werkzeuge, die in Land- und Waldwirtschaft genutzt wurden, stammten aus regenerativen Quellen. Der »Hafermotor« Pferd wurde von dem gefüttert, was auf dem Land wuchs, das er bearbeitete. Erneuerbare Ressourcen und Leistungen in angemessener Weise zu nutzen, heißt, das Beste daraus zu machen und nur so viel zu verbrauchen, wie sich tatsächlich regeneriert. Die heute so populäre Idee, immer mehr regenerative Ressourcen zu nutzen, kann in der Realität katastrophale Folgen haben. Aktuell ist das am ebenso erdölintensiven wie bodenzerstörenden Monokulturanbau zur »grünen« Energiegewinnung gut zu sehen. Was eine angemessene Nutzung ist, hängt immer von den spezifischen Gegebenheiten des Orts und der Situation ab. Eine gute Hilfe, um abzuschätzen, ob der Einsatz einer Ressource angemessen ist, bietet die folgende Frage: Wird die Funktion oder das Produkt mindestens so lange halten, wie die Natur braucht, um die Ressource, die ich dafür eingesetzt habe, zu erneuern? Sonne, Gezeiten, Wasser und Wind zu nutzen, ist also angemessen, da sie sich täglich oder saisonal erneuern. Problematischer wird es schon beim Holz, da Bäume nur langsam wachsen. Ein sensibler Umgang mit Ressourcen erfordert auch immer ein Nachdenken darüber, was die beste, hochwertigste Nutzung ist. So liefern Bäume, die gefällt werden (müssen), in der Regel höherwertiges Material als bloß Brennholz. Lange, dünne Hölzer können gut als Stangen für Zaunpfähle oder einfache Konstruktionen verwendet werden. Große Stämme lassen sich zu Brettern sägen usw. Zugleich will die Art der Nutzung berücksichtigt werden: So verbraucht etwa ein industriell produzierter Holztisch wesentlich mehr Material und Energie als ein handgefertigtes Stück. Interessant sind auch Holmgrens Gedanken zur Stromgewinnung mittels Solarzellen. Berücksichtige man die im Herstellungsprozess steckende Energie, gebe es während deren Lebensdauer kaum einen Netto-Energiegewinn. Viel effektiver arbeiteten hier die Solarzellen der Natur, die Bäume: Aus ihnen lasse sich mit modernen Holzvergasern und kleinsten Gasturbinen wesentlich ökonomischer Strom produzieren als mit Solarzellen.