Elektronik – bald fair und ökologisch?
Es kann doch gar nicht so schwierig sein, Elektronik herzustellen, die nichts und niemandem schadet, sollte man meinen. Doch die Sache ist komplex …
Frank, du warst ja schon in den 1970ern aktiv. Wie haben dich deine Erfahrungen aus dieser Lebensphase später beeinflusst?
Damals schien alles möglich. Wir suchten nach Orten, an denen wir uns selbst verwirklichen, uns ausprobieren konnten – die persönliche Befreiung stand im Zentrum. Bei unseren Kommune-Experimenten haben wir viele nützliche Erfahrungen gemacht, aber mitunter auch den Blick für die größeren Zusammenhänge verloren. Der geistige Horizont schrumpfte mancherorts bis an die Grundstücksgrenze. Viele unserer Vorhaben verschmorten im eigenen Saft.
Welche Erkenntnisse hast du in den Landkommunen gewonnen?
Eine meiner Lehren aus der damaligen Zeit ist, dass wir »Befreiung« nicht als Individuen verwirklichen können. Wir müssen aus dem Rad der Selbstbezogenheit, in das wir durch den Kapitalismus und den sozialen Zerfall geraten sind, aussteigen – auch aus der kollektiven Selbstbezogenheit. Wir müssen auch die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern, damit wir selbst uns weiterentwickeln können. Durch die fortschreitende Globalisierung steht ja die Zukunft der Lebenswelten auf diesem Planeten auf dem Spiel – es geht ums Ganze! Ich denke aber auch heute noch, dass vieles möglich ist, wenn wir in größeren, auch tieferen ökologischen Zusammenhängen denken und wenn es gelingt, immer mehr Menschen einzubeziehen.
Auf welche Weise versucht ihr das mit der Lebensgemeinschaft Dalborn eG?
Wir beschreiben unseren Ansatz in Dalborn als zweigleisig. Zum einen geht es ums Wohnen. Auf unserem Hof streben wir seit dem Frühjahr 2010 eine nachbarschaftliche Gemeinschaft an, in der unterschiedliche Wohnformen in eigener Regie miteinander verbunden sind. Zum anderen haben wir den Anspruch, auch unser größeres Umfeld mitzugestalten, auch da Strukturen zu schaffen, die von Prinzipien und Werten wie Kooperation und kollektiven, solidarischen Formen des Miteinanderseins und -machens bestimmt sind. Wir nennen das »Vernetzung«. Dabei wollen wir uns auch auf diejenigen beziehen, die schon vor uns hier waren – so sie dafür zu gewinnen sind.
Euer Hof liegt in einem kleinen Dorf. Wie sieht euer Gemeinschaftsleben aus?
Inzwischen sind wir auf zehn Personen angewachsen, davon sind zwei in der Probierzeit. Eine Hauptaktivität besteht zur Zeit darin, Wohnungen auszubauen – auch auf dem Nachbarhof, den wir im letzten Jahr dazu erworben haben –, aber natürlich geht es auch darum, uns intensiv auszutauschen.
Gleich zu Beginn haben wir auf unserem Land einen Netzwerkgarten initiiert, in dem bis heute Hobbygärtnerinnen und -gärtner aus der Umgebung gemeinsam anbauen. Auf dem Nachbarhof gründeten wir in diesem Jahr mit anderen Menschen aus der Umgebung einen »SoLaWi«-Betrieb, den Solidarische Landwirtschaft Dalborn e. V. Damit konnten wir die Verbindung zwischen Stadt und Land, unseren Aktionsraum und auch unser Lebensgefühl stärken.
Und wie hat sich der Kontakt zu den alteingesessenen Dorfbewohnern entwickelt?
In Dalborn machten wir uns bekannt, indem wir den Film »Unsere Erde« in der Dorfkneipe zeigten. Zu der Filmvorführung kamen 70 Interessierte – das war unser Einstand.
Wir haben hier in Dalborn insgesamt gute Erfahrungen gemacht. Die allermeisten der 78 Dorfbewohner sind wohlwollend und zugewandt, wir können um Rat und Hilfe fragen und bieten unsererseits Unterstützung an. Zwei von uns haben zeitweise auch im Dorfausschuss mitgearbeitet, wo wir uns um die Themen »Tempo 30«,»Straßenausbau« und »Veranstaltungen« kümmerten. Uns wurde jetzt sogar die weithin bekannte Dorfkneipe angeboten, in der die Dorfversammlungen stattfinden, die Vereine sich treffen, manchmal Disco-Abende oder auch kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Ganz in der Nähe gibt es den Biohof unseres Freundes Ulf. Er organisiert Anti-AKW-Demos und kulturelle Veranstaltungen auf seinem Hof, bei denen wir unterstützend dabei sind. Ulf selbst ist Mitglied unserer Hofgenossenschaft, hat Land für uns erworben und ist mit dabei, den SoLaWi-Betrieb aufzubauen.
Ein Bauer aus dem Nachbardorf hat uns die ersten drei Jahre mit seinen Pferden bei den Kartoffeln geholfen und mich darin angelernt. Unser Brennholz bekommen wir vom Nachbarn Paul.
Das Netz reicht über das Dorf hinaus – wie weit denn?
Im Nachbardorf wurde unter unserer Beteiligung der Kulturtreffpunkt »Die Scheune« mit seinem monatlichen Netzwerktreffen als Forum für »Aktivitäten von unten« etabliert. Den Kreis der unregelmäßigen Besucher, Teilnehmerinnen und Anbieter schätzen wir auf etwa 500 Menschen. Um die Verbundenheit zu stärken, haben wir einen E-Mail-Verteiler aufgebaut. Manchmal gibt es wöchentliche Rundmails. Besonders beliebt ist die mehrmals jährlich stattfindende offene Bühne. Zur festen Struktur gehören nicht zuletzt eine Frauen- und eine Männergruppe.
In Detmold, unserer Kulturmetropole in zehn Kilometern Entfernung, hat jetzt ein Freund eine Bio-Kneipe eröffnet, die sich immer mehr zu einem städtischen Treffpunkt entwickelt. Wir haben auch einen guten Kontakt zur städtischen Vernetzungsinitiative »B-WUSST in Detmold« und den dortigen Wohnprojekten.
Außerdem ist unser Netzwerk mit anderen Organisationen und Initiativen verbunden, wie dem Anti-AKW-Bündnis, dem Klimaforum, Attac, der Flüchtlingshilfe und anderen.
Lebst du jetzt ein gutes Leben?
Es hat sich hier schon einiges zusammengesponnen. Doch gibt es bei unserer gewollten Offenheit stets eine gewisse Fluktuation, so dass sich öfters die Frage stellt, wer denn noch dabei ist. Auch haben wir tendenziell immer »Personalmangel«, das macht es nicht leicht. Allerdings können wir nach vier anfänglichen Projektjahren sagen, dass auch eine gewisse Etablierung und Routine in so manchen Abläufen eingesetzt hat und dass sich an vielen Stellen eine erholsame Kontinuität zeigt. Vor allem fühlt es sich gut an, zu sehen, dass die Idee von einem anderen, besseren Leben jenseits von Markt und Staat greift und Anziehungskraft hat. •
Frank Merkord (61), arbeitet gemeinschaftlich in der Detmolder »Praxis für psychologische Beratung, Therapie und Supervision« sowie bei »man-o-mann – männerberatung« in Bielefeld. Außerdem berät er Gemeinschaften.
Das Netzwerk Lipperland kennenlernen – und vielleicht mitmachen
www.lebensgemeinschaft-dalborn.de
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Nach der Diagnose einer schweren Erkrankung stellen sich viele Betroffene die Frage: Weshalb gerade ich? Was habe ich falsch gemacht? Besonders Frauen neigen dazu, die Schuld für die Erkrankung bei sich selbst zu suchen. Zu den Ängsten, die die Krankheit auslöst, gesellt sich das Gefühl, persönlich gescheitert zu sein.