Permakultur

Gestalte vom Muster hin zum Detail!

Wissensexkursion Permakultur, Teil 8.von Ulrike Meißner, erschienen in Ausgabe #24/2014
Photo

Dauerhaftes Beobachten, um die großen Muster und die Details wahrnehmen zu können, ist die Grundlage jedes Verstehens. Die erkannten Muster und Details seien die Quelle für Kunst, Wissenschaft und Gestaltung, fasst Holmgren zusammen.
Muster sind Formen, die die meisten Menschen verstehen und sich merken können. Wir beobachten sie in Natur und Gesellschaft. Das Symbol für dieses Prinzip ist eine Spinne, die in ihrem Radnetz sitzt – ein gutes Beispiel für ein Muster in der Natur: Das Grundprinzip ist klar, aber die Details variieren von Netz zu Netz.
Ein Muster, das von Permakulturgärtnern wohl am häufigsten angewendet wird, ist der Wald- bzw. in unseren Breiten der Waldrandgarten. Hier dient der natürliche Wald mit seiner Struktur aus hohen und niederen Bäumen, großen und kleinen Sträuchern, Kräutern, Gräsern, Boden­deckern und Zwiebelpflanzen als Vorbild für den Aufbau eines vielfältigen Gartensystems. Dem liegt die Beobachtung zugrunde, dass in vielen Regionen mit mittelmäßig bis viel Regen – insbesondere in steilen Hochlagen – Wälder die vorherrschenden und damit die am besten an die Gegebenheiten angepassten Ökosysteme sind.
Das siebte Permakultur-Prinzip erinnert uns daran, den Blick für das große Ganze nicht zu verlieren, wenn wir uns den Details widmen. Hilfreich bei der Gestaltung eines Grundstücks oder Hofs ist etwa die Arbeit mit Zonen und Sektoren. Zonen sind in der Permakultur um ein Zentrum (»Zone Null« – meist das Wohnhaus) angeordnete Bereiche mit unterschiedlichen Aufenthalts- bzw. Nutzungsintensitäten. Je näher am Zentrum, desto effizienter und intensiver ist unsere Landnutzung.
Bei der Zonierung ordnen wir die Elemente unseres Grundstücks entsprechend ihrem Bedarf an Aufmerksamkeit, Pflege und Besuchshäufigkeit an. Beispielsweise kommen der bewässerte Gemüsegarten und das Gewächshaus in Zone 1 nah ans Haus, Hühnerstall, Gehege und Beerensträucher in Zone 2 etwas weiter weg, Obstbäume, Schafweide und Teich in Zone 3 usw.
Die Sektoranalyse hilft uns, bewusst zu betrachten, welche Einflüsse in welchen Bereichen von außen auf unseren Bezugspunkt – etwa das Wohnhaus – eintreffen. Wir beobachten, aus welchen Richtungen Sommer- und Wintersonne einstrahlen, woher kalte oder warme Winde wehen, woher Feuer oder Hochwasser drohen …
Den vom Menschen geschaffenen Mustern, also wiederkehrenden Problemlösungen, widmete sich der amerikanische Architekt Christopher Alexander – insbesondere in Architektur und Städtebau, in denen Erfahrungen aus jahrhundertelanger Anwendung stecken. Sein Ziel war es, zu ergründen, wie schöne Gebäude entstehen, die Lebendigkeit und Wohlbefinden befördern, denn in dem Maß, wie unsere Umgebung Stress erzeugt oder abbaut, hat sie Einfluss auf die menschlichen Qualitäten.
Ein einfaches Muster heißt etwa »Licht von zwei Seiten«: Jeder Raum sollte Licht von Fenstern in zwei Wandflächen bekommen. Dadurch würden sich die Gesprächspartner gut sehen und könnten alle Signale auch nonverbaler Kommunikation erkennen. So verbesserte Bedingungen könnten Stress vermeiden. (Mit »Eine Muster-Sprache« wurde ein Buch aus Christopher Alexanders bemerkenswertem Werk ins Deutsche übersetzt.)

 

Tiefer graben:
www.permacultureprinciples.com (Englisch)

Literaturliste:

Permaculture
Principles & Pathways Beyond Sustainability.
David Holmgren
Holmgren Design Services 2002
286 Seiten
ISBN 0-646-41844-0

Handbuch der Permakultur-Gestaltung
Bill Mollison
Österreichisches Institut für angewandte Ökopädagogik 2002
640 Seiten
ISBN 978-3-200-01258-5

Permakultur für alle
Harmonisch leben und einfach gärtnern im Einklang mit der Natur.
Sepp und Margit Brunner
Ulmer
184 Seiten
ISBN 978-3-8001-6951-1

Permakultur kurz & bündig
Schritte in eine ökologische Zukunft.
Patrick Whitefield
Organischer Landbau Verlag 2003
69 Seiten
 ISBN 3-922201-15-6

Rückkehr zur Natur
Die Philosophie des natürlichen Anbaus.
Masanobu Fukuoka
Pala
160 Seiten
 ISBN 978-3-923176-46-5

In Harmonie mit der Natur
Die Praxis des natürlichen Anbaus.
Masanobu Fukuoka
Pala
152 Seiten
ISBN: 978-3-923176-47-2

weitere Artikel aus Ausgabe #24

Photo
Gesundheitvon Irmhild Harbach-Dietz

Warum trifft es gerade mich?

Nach der Diagnose einer schweren Erkrankung stellen sich viele Betroffene die Frage: Weshalb gerade ich? Was habe ich falsch gemacht? Besonders Frauen neigen dazu, die Schuld für die Erkrankung bei sich selbst zu suchen. Zu den Ängsten, die die Krankheit auslöst, gesellt sich das Gefühl, persönlich gescheitert zu sein.

Photo
von Maja Klement

Wie Kinder heute wachsen (Buchbesprechung)

Warum spielen Kinder eigentlich? Und warum ist gerade das freie Spiel in der Natur für sie so wichtig? Welche Bedingungen brauchen Kinder, um zu kraftvollen, verbundenen und selbstbewussten Menschen heranzuwachsen? Um diese Fragen zu beantworten, haben sich zwei Experten für ein Buch

Photo
Gemeinschaftvon Wolfram Nolte

Gemeinschaftsnetz Lippe in Gründung

Frank, du warst ja schon in den 1970ern aktiv. Wie haben dich deine Erfahrungen aus dieser Lebensphase später beeinflusst?Damals schien alles möglich. Wir suchten nach Orten, an denen wir uns selbst verwirklichen, uns ausprobieren konnten – die persönliche Befreiung stand

Ausgabe #24
Zukunftsmaschine

Cover OYA-Ausgabe 24
Neuigkeiten aus der Redaktion