Im Wald sind keine Räuber
Wer ein Studium im Wald beginnt, muss bereit sein, sich auf unmittelbare Erfahrungen einzulassen. Statt einem festgelegten Lehrplan zu folgen, geht es darum, die eigene Wahrnehmung zu schulen.
Kann man während der Lektüre eines Buchs über Genossenschaften und Commons mit allen Sinnen die Seele baumeln lassen? Tatsächlich geschieht gerade dies beim Lesen von Rita Bertolinis »Allmeinde Vorarlberg«. Das Buch enthält überraschenderweise auch Wandertouren durch Vorarlberg, die aber immer das Thema berühren. Entweder liegt eine Genossenschaft oder die Einkehrmöglichkeit in einer gemeinschaftlich geführten Alpe auf dem Weg, oder die Wege werden von einer Wegegenossenschaft gewartet, oder der Wanderer überquert ehemalige oder aktuelle Allmende-Weiden. Man wandert zum Nenzinger Himmel, über Talweiden, auf Alpen und durch Waldungen, die die Agrargemeinschaft Nenzing verwaltet: »Allen gehört alles, niemandem gehört etwas Bestimmtes« – nach diesen Leitgedanken agieren die Mitglieder und Nutzungsrechtinhaber der größten Agrargemeinschaft Vorarlbergs.
Wenn der Wanderer dann müde und hungrig wird, setzt er sich als Tischgenosse nieder und genießt ein einfaches Essen der Berge, dessen Rezept ein Allgemeingut ist. Das mag etwas weiter hergeholt sein, aber in einem lebendigen Text von Bernhard Tschofen wird es doch nachvollziehbar.
Nach der Vorstellung von rund 20 gegenwärtig bestehenden Genossenschaften ist den historischen, naturraumbezogenen Allmendestrukturen ein eigenes Kapitel gewidmet. Zu den aktuellen gehört die 1902 gegründete Küblergenossenschaft Innerlaterns, die seit jeher den Zweck der besseren Vermarktung der Produkte ihrer Mitglieder verfolgte. Kübel aus Holz, Bierfässer und anderes handgefertigtes Zubehör für Sennereien werden vermarktet. Die Genossenschaft kauft das »Geschirr« auf Lager und verkauft es dann zum einheitlichen Preis weiter. Heute dient die Genossenschaft aber auch dem Erhalt dieser alten Handwerkstradition. Doch auch die Allmenda-Genossenschaft, die sich den Komplementärwährungen widmet, wird vorgestellt. Regionalentwicklungsgenossenschaften für den ländlichen Raum runden das Spektrum ab.
Das von Rita Bertolini reich bebilderte Buch gibt auch dem Auge viel. Einen weiteren Sinn spricht die beigefügte 40-minütige DVD an, in der die Inhalte anhand von Filminterviews in Szene gesetzt werden.
»Allmeinde Vorarlberg« ist ein schönes, sinnliches Buch, das Begriffe wie genossenschaftliches Handeln und Gemeingüter erfahrbar macht und dabei die historischen Entwicklungen nicht vernachlässigt. Gerade dadurch ist es hochaktuell.
Allmeinde Vorarlberg
Von der Kraft des gemeinsamen Tuns
Rita Bertolini, Frank Mätzler u. a.
Bertolini-Verlag, 2012
416 Seiten plus DVD
ISBN 978-3950270624
34,00 Euro
Wer ein Studium im Wald beginnt, muss bereit sein, sich auf unmittelbare Erfahrungen einzulassen. Statt einem festgelegten Lehrplan zu folgen, geht es darum, die eigene Wahrnehmung zu schulen.
Vor kurzem habe ich die Geschichte meines Lernwegs aufgeschrieben. Zuallererst blitzte dabei ein Moment auf, in dem ich wohl sieben Jahre alt war: Ich sitze mit meiner Mutter im Wald an einem kleinen Bächlein, und wir spielen Blockflöte. Es ist einer der ersten warmen Föhntage im
Filmemachen ist Kunst und ein spezielles Handwerk – und doch auf eigene Faust erlernbar.