Dosen zu Kochern
In Berlin bauen Studierende mit einfachen Mitteln fahrradbetriebene Küchenmixer, Wurmkisten, Trockentoiletten und andere nützliche Dinge – aber nicht an der Universität.
Die Vielfalt der Arten auf unserem Planeten schrumpft. Auch die Landwirtschaft reduziert den Anbau zunehmend auf eine Handvoll »Cash Crops«, die von Agrokonzernen so gezüchtet werden, dass sie bei intensivem Einsatz von Chemie hohe Erträge erzielen. Ist es möglich, ausgestorbene Arten wieder zurückzuholen? Können wir Fehler der Vergangenheit, die durch eine einseitig auf Profit ausgerichtete Zucht entstanden sind, rückgängig machen?
Experimente von Wissenschaftlern, die in den 80er Jahren für den Pharmakonzern Ciba-Geigy (Novartis) forschten, legen dies nahe. Ihre Untersuchungen wurden seinerzeit eingestellt, weil sie nicht ins Unternehmenskonzept passten. Der Journalist Luc Bürgin dokumentiert in seinem Buch die Ergebnisse der Forscher bis hin zu neueren Freilandversuchen aus den letzten Jahren. Die verblüffende Entdeckung: Wenn Getreide oder auch Fischeier einem elektrostatischen Feld ausgesetzt werden, so entwickeln sich dabei Urformen von Pflanzen und Fischen, die inzwischen ausgestorben und nur noch in Versteinerungen oder historischen Abbildungen zu finden sind. Die so entstehenden Organismen scheinen sogar vitaler und ertragreicher zu sein. Sogar einige Manipulationen an Saatgut konnten rückgängig gemacht werden: Nachkommen von Hybriden wurden erneut fruchtbar.
Im Gegensatz zur Gentechnik wird hier nichts Fremdes ins Erbgut eingeschleust, sondern das Verfahren wirkt epigenetisch. Es regt den Organismus an, etwas zu entwickeln, was in ihm bereits angelegt ist, er »erinnert« sich quasi an Merkmale seiner Vorfahren, die im Zug der Zucht stillgelegt wurden, und aktiviert diese neu. Von der offiziellen Lehrmeinung wurden die Forschungen bislang ignoriert, da sie nicht ins heutige Weltbild passen. Allerdings gibt es auch Genetiker, wie den Nobelpreisträger Werner Arber, die ihnen aufgeschlossen gegenüberstehen.
Manchmal gerät Bürgins populärwissenschaftliches Buch zwar etwas zu polarisierend, dennoch wird mit Fotos und Laborprotokollen überzeugend dokumentiert, dass Wissenschaftler hier auf ein Phänomen gestoßen sind, das unsere Vorstellung vom Leben grundsätzlich verändern könnte. Die Hoffnung auf eine Alternative zur Gentechnik ist sicherlich zu relativieren. Dazu weiß man bisher schlicht zu wenig darüber, wie elektrostatische Felder auf Lebewesen wirken, vor allem, über einen längeren Zeitraum hinweg. Letztlich erweist sich jede Technik, die ohne Bewusstsein für Zusammenhänge in der Natur betrieben wird, als fatal – zuletzt gesehen bei der Bioenergie. Dennoch gibt dieses Buch Einblick in eine interessante Technologie, die es in einem ethischen Rahmen weiter zu erforschen gilt.
Es könnte eine Technik sein, die mit geringem Aufwand dem Leben und der Lebendigkeit dient, statt sie zu manipulieren.
Der Urzeit-Code
Die ökologische Alternative zur Gentechnik.
Luc Bürgin
Herbig, 2010, 256 Seiten
ISBN 978-3776626391
19,99 Euro
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