von Sylvia Buttler, erschienen in Ausgabe #18/2013
Vor nicht allzu langer Zeit wurde der wahre Weltenretter entdeckt: der Konsument. Was Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in punkto Nachhaltigkeit nicht leisten können, soll dieser »schlafende Riese« nun bewältigen. Wird der Konsument sich endlich seiner Macht bewusst, so lautet die Devise, dann kann er durch richtiges Einkaufsverhalten alles das erreichen, was wir uns wünschen: eine saubere Umwelt, faire Arbeitsbedingungen für alle und eine lebenswerte Welt für unsere Enkel. Nebenbei rettet er die kränkelnde Wirtschaft gleich mit. Der Autor Armin Grunwald räumt mit dieser Illusion auf. Er macht an unterschiedlichen Beispielen klar, dass die Verschiebung der Verantwortlichkeiten auf den Verbraucher keine Lösung für die riesigen Probleme auf diesem Gebiet sein kann. Dem Konsumenten wird nicht nur zugemutet, was er gar nicht leisten kann, sondern er wird auch in einer falschen Sicherheit gewogen. Viele Menschen glauben zwar von sich, nachhaltiger zu leben als andere, objektiv tun sie es aber nicht. Oder sie haben in vielen Bereichen gar nicht die Wahl zwischen »guten« und »schlechten« Produkten, etwa bei Elektronik. Was tun, wenn der Mensch einen Computer benötigt, um zu arbeiten, aber keine nachhaltig hergestellten Modelle auf dem Markt sind? Was macht er, wenn er beruflich bedingt eine Fernreise unternehmen muss und es keine nachhaltige Transportmöglichkeit gibt? Woher bezieht er alle notwendigen Informationen, und kann er diese richtig beurteilen? Und wie steht es um die Gerechtigkeit, wenn viele versuchen, nachhaltig zu leben (wozu auch unbedingt Verzicht nötig ist), und andere weiterhin shoppen, was das Zeug hält? Außerdem ist der Konsum irrationalen Moden unterworfen, wie man an den allgegenwärtigen SUVs sehen kann. Es gibt Bereiche, in denen bewirkt die Macht des Käufers einiges, daher fürchten Firmen auch Kaufboykotte. In anderen Bereichen, so der Autor, muss die Politik der Wirtschaft Regeln aufgeben, damit nachhaltige Produkte überhaupt angeboten werden. Auch gehört die Besteuerung von schädlichen Dienstleistungen und Produkten zu den staatlichen Aufgaben. Nicht der Verbraucher soll sich bei der Fernreise freikaufen, indem er in Klimaprojekte investiert, sondern der Staat soll durch gezielte Verteuerung das Flugverhalten steuern. Wo dieses Buch nach gut einhundert Seiten aufhört, gilt es nun weiterzudenken: darüber, wie die Politik und die Zivilgesellschaft auf das Angebot von nachhaltigeren Gütern und Dienstleistungen Einfluss nehmen können, und darüber, ob wir uns länger einreden lassen wollen, dass Konsumieren Bürgerpflicht sein soll. Ob nachhaltig oder nicht.
Ende einer Illusion Warum ökologisch korrekter Konsum die Umwelt nicht retten kann. Armin Grunwald oekom 2012, 123 Seiten ISBN 978-3865813091 9,95 Euro