Herausfinden, was ich tun möchte
K inder, die nicht zur Schule gehen, lernen nichts und vereinsamen, so das gängige Vorurteil. Junge Leute wie Josias Kern, die in der meisten Zeit ihres Lebens zu Hause gelernt haben, beweisen das Gegenteil.
Die Ankündigung für einen »Beschiss-Atlas« mit »Zahlen und Fakten zu Ungerechtigkeiten in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt« ließ mich an zweierlei denken. Erstens kam mir eine eindrucksvolle ganzseitige Grafik wieder in den Sinn, mit der die »Zeit« im Januar 2010 schier unvorstellbare Milliardenbeträge als farbige Flächen einander gegenüberstellte. Dort bekam man auf einen Blick ein Gefühl dafür, was in dieser Welt falsch läuft, etwa wenn man die riesige Fläche für »Bisherige Ausgaben der USA für den Irak- und Afghanistankrieg (1242 Milliarden)« mit der nur mittelgroßen Fläche für »Alle Kinder in Entwicklungsländern fünf Jahre ernähren und zur Schule schicken (321 Milliarden) verglich. (Link zur Grafik siehe unten.)
Zweitens dachte ich an das schöne Churchill-Zitat »Traue nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast«. Nun finde ich es im Atlas-Vorwort wieder, das mit dem Bonmot davor warnt, jedweden Statistiken allzu viel Glauben zu schenken – auch nicht den im Buch wiedergegebenen. Im Vorwort steht auch, dass der Satz vermutlich nie von Churchill gesagt wurde, also seinerseits eine Fälschung ist.
Ich selbst bekenne mich als empfänglich für Statistiken, sie machen meine Welt so (scheinbar) übersichtlich. Mit jedem Statistik-Artikel in der Zeitung nehme ich mir vor, eine Sammlung zu beginnen, doch es bleibt immer nur beim Vorsatz – was auch nicht weiter schlimm ist, denn nun gibt es ja dieses schöne Buch der Journalistin Ute Scheub. Ihre Kollegin Yvonne Kuschel hat all die von ihr zusammengetragenen Zahlen zu den Themen Essen und Trinken, Armut und Reichtum, Natur, Energie und Klima, Rüstung, Migration, Familie und Beruf mit Zeichnungen illustriert. Auf diese Weise möchte das Buch deutlichmachen, »wie wir beschissen werden von den Reichen, Mächtigen und Privilegierten«. Die Zahlen sollen aber auch zeigen, »wie wir selbst die Bescheißenden gegenüber Schwächeren oder auch der Natur sind – oftmals, weil wir die Verhältnisse zu wenig durchschauen«.
Anders als die eingangs erwähnte Grafik verfolgt der Beschissatlas laut Klappentext sein Ziel, Zahlen und komplexe Zusammenhänge »sinnlich erfassbar« darzustellen, ausdrücklich nicht mit den »üblichen Säulen und Tortendiagrammen«. Und das finde ich dann doch etwas schade, denn gerade solche Darstellungen machen ja eine Statistik erst »sinnlich erfassbar«. »Die abstrakten Zahlen in den Nachrichten, die Millionen, Milliarden und Billionen, überfordern unser Vorstellungsvermögen und vernebeln unser Hirn«, schreibt die Autorin. Und bombardiert ihre Leser gleich darauf mit abstrakten Zahlen. Für Auflockerung sorgen die bilderbuchartigen Illustrationen sowie Positivbeispiele am Ende jedes Kapitels.
Beschiss-Atlas
Zahlen und Fakten zu Ungerechtigkeiten in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt.
Ute Scheub, Yvonne Kuschel
Ludwig Buchverlag 2012, 208 S.
ISBN 978-3453280373
19,99 Euro
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