Mit dem arbeiten, was da ist
Das Gespräch suchen, Neues wagen und Nischen finden – solche Künste sind wichtig, um in Regionen wie dem ländlichen Thüringen etwas zu bewegen.
Das »Kommuja-Netzwerk« der politischen Kommunen hat ein neues »Kommunebuch« herausgebracht – fast 20 Jahre nach dem ersten, das längst vergriffen ist. Die Autorinnen und Autoren verstehen Kommunen als »Gruppen, in denen die Einzelnen ihr Leben in vielfältiger Weise miteinander teilen und aufeinander beziehen. Zentrales Element hierfür ist die Herrschaftsfreiheit. Weitere Grundlagen sind Formen der gemeinsamen Ökonomie, konsensuale Entscheidungsstrukturen sowie die Kollektivierung von Grund, Boden und Produktionsmitteln.«
Die politischen Zielsetzungen der Kommunen beziehen sich sowohl auf das eigene Zusammenleben, in dem andere als die gesellschaftlich üblichen Verhältnisse vorweggenommen werden sollen, als auch auf gesellschaftliche Veränderungen. Im Kommunebuch geht es jedoch überwiegend um die internen Strukturen der Projekte. So werden zum Beispiel die Fragen diskutiert, was die Projekte zusammenhält und wie das Spannungsfeld zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Interessen gestaltet wird. Wer kein eigenes Geld mehr hat, sondern mit anderen kollektiv zusammenarbeitet und aus einer gemeinsamen Kasse wirtschaftet, begibt sich in eine Verbindlichkeit, die einerseits Teile der persönlichen Freiheit und Autonomie beschränkt, gleichzeitig aber auch neue Freiheitsgrade und Sicherheiten bietet. Letztere werden auch hier durch die Zwänge des Marktes beschränkt – Zwänge, die sich jedoch durch regionale Vernetzung und faire Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Kommunen abfedern lassen. Ein Bericht über das Scheitern des brandenburgischen Karlshofs mit seiner »nichtkommerziellen Landwirtschaft« ergänzt das Ökonomie-Thema.
Während es vor 20 Jahren in der Beschäftigung mit Geschlechterverhältnissen vor allem um die Überwindung patriarchaler Strukturen und um die Schaffung autonomer Frauenräume ging, wird heute auch über die Zweigeschlechtlichkeit hinaus diskutiert. Eine Befragung von Kommunarden und Kommunardinnen ergab, dass nach wie vor Macht, Verantwortung und (informelle) Hierarchien oft abhängig vom Geschlecht verteilt sind. Ein relativ neues Thema ist das Altern in Kommunen. Die Generation der Gründerinnen und Gründer ist zum Teil bereits im Rentenalter, ihre Lebensbedürfnisse verändern sich, und gegenseitige Unterstützung und Fürsorge bekommen eine neue Bedeutung.
Abgerundet wird das Buch durch praktische Hinweise für Besuche von Kommunen, für Einstiegsverfahren potenzieller neuer Kommune-Mitglieder sowie für Neugründungen von Kommunen. Es gibt einen breitgefächerten, oft spannenden und intimen Einblick in utopische Lebensrealitäten mit ihren beglückenden, aber auch widersprüchlichen Aspekten. ◆
Das Kommunebuch
utopie. gemeinsam. leben.
Hrsg. vom Kommuja-Netzwerk der politischen Kommunen
Assoziation A, 2014
344 Seiten,
18,00 Euro
Das Gespräch suchen, Neues wagen und Nischen finden – solche Künste sind wichtig, um in Regionen wie dem ländlichen Thüringen etwas zu bewegen.
Johannes Heimrath Wenn ich bei Treffen von Oya-Leserinnen und -Lesern oder bei Vorträgen frage, wer von den Anwesenden in einem Gemeindeparlament sitzt, geht selten ein Finger hoch. Die Menschen, die eigentlich die Welt verändern wollen, engagieren sich kaum in diesem naheliegenden
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