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Vollgeld (Buchbesprechung)

von Peter Krause-Keusemann, erschienen in Ausgabe #31/2015
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Die aufgehäuften Schulden der Staaten haben weltweit astronomische Höhen erreicht. Allein auf Deutschland entfielen im Jahr 2008 über zwei Billionen Euro Schulden. Ihnen entsprechen systemlogisch Vermögen in gleicher Höhe. In einem gewaltigen Umverteilungsprozess werden Reiche immer reicher und Arme immer ärmer.
Niemand kann dem bestehenden Geld- und Wirtschaftssystem, das absurderweise in einer begrenzten Welt ein unbegrenztes Wachstum fordert, wirklich ausweichen. Die daraus resultierende Gefahrenlage hat sich für Mitwelt und Menschengemeinschaft bis dato immer mehr verschärft. Ein notwendiges Umdenken und Anders-Handeln beginnt mit Erkenntnissen, zu denen das Buch »Vollgeld« von Thomas Mayer und Roman Huber reichlich Anregungen liefert.
Der springende Punkt ist schnell identifiziert: »Würden Sie einem System zustimmen, in dem der Großteil der Geldmenge durch private, profitorientierte Unternehmen produziert und in Umlauf gebracht wird?« Das haben in einer repräsentativen Umfrage 90 Prozent der Befragten verneint – aber genau das geschieht, denn 81 Prozent des umlaufenden Geldes wird durch Kreditvergaben der Banken (nicht durch die Zentralbank!) erzeugt und gegen Zinsen verliehen. Dieser privatisierte Geldschöpfungsprozess ist für die meisten Menschen so unvorstellbar, dass sie nicht daran glauben wollen.
Thomas Mayer und Roman Huber fordern, dass Geld als Vollgeld nur noch durch die Zentralbank ausgegeben werden darf. Der Geldschöpfungsgewinn stünde dann auch der Bevölkerung und nicht mehr nur privaten Investoren zu. Sauber, detailliert und auch für Nicht-Ökonomen verständlich erklären die Autoren die Regeln und Funktionen des gegenwärtig vorherrschenden Geldsystems. Geschichtliche Hintergründe, Absichten und Versäumnisse von Regierungen und Banken werden dargestellt und aktuelle Fakten wiedergegeben. So gewinnt das Thema Geld wohltuend an Transparenz.
Mayers und Hubers Gedanken zur Umstellung auf Vollgeld schließen nachvollziehbar an diesen Teil an. Die Ausgabe des Geldes durch eine staatlich legitimierte »Monetative« würde vieles im System gerechter und vor allem sicherer werden lassen. Der alltägliche Zahlungsverkehr müsste sich deswegen nicht einmal verändern. Ja, kurioserweise würde eine Situation geschaffen, von der die meisten Zeitgenossen fälschlicherweise glauben, sie bestünde schon: Das Volk würde das Geld regieren, nicht umgekehrt! Insofern ist die Forderung nach Einführung des Vollgelds aufs Engste mit der Verwirklichung von mehr Demokratie verbunden. So irrsinnig unser derzeitiges Geldsystem ist, so klar und überzeugend ist die Vollgeld-Idee. Möge sie sich schnell und weit ver­breiten. ◆ 


Vollgeld
Das Geldsystem der Zukunft. Unser Weg aus der Finanzkrise.
Thomas Mayer, Roman Huber
Tectum Verlag, 2014

322 Seiten
18,95 Euro

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