Buchtipps

Urban Gardening (Buchbesprechung)

von Manuela Rauer, erschienen in Ausgabe #8/2011
Photo

Eine grüne Bewegung breitet sich aus. Sie wächst und gedeiht, will sich entfalten. Gärten entstehen. Ein Bedürfnis danach, Leben zu pflanzen, Natur zu atmen, selber zu säen, selber zu ernten, Gemeinschaft zu leben, anstatt im anonymen Dasein der Großstädte verlorenzugehen. Es ist ein Wunsch nach Nachhaltigkeit und dem Wiederfinden der Kraft zur Gestaltung. Es ist auch ein Zeichen gegen Fremdbestimmung, gegen Rationalisierung und für Ernährungssouveränität.
Als Herausgeberin lässt Christa Müller aus verschiedenen Winkeln auf das Thema Urban Gardening blicken. Soziologen und Blumenzeichner, Stadtplaner und Ethnologen, Gartenaktivisten und Dokumentarfilmer kommen zu Wort und beleuchten unterschiedliche Facetten. Sie sehen sich um, dort, wo Menschen zusammenkommen und Gärten entstehen lassen: Im Kiezgarten in Prenzlauer Berg, in den Gemeinschaftsgärten in New York und den südafrikanischen Townships, in den internationalen Stadtteilgärten Hannovers und bei Mundraub.org. Dabei werden Beweggründe aufgezeigt, Projekte beleuchtet und Menschen vorgestellt. Geschaut wird auf gesellschaftspolitische Motivation und soziale Hintergründe, auf Handlungsmöglichkeiten in Zeiten der Wirtschaftskrise, auf Kulturverständnis und spirituelles Wachstum, auf die Besinnung aufs Wesentliche. – Der Wunsch nach Natur könnte mehr als nur ein Trend sein.
Wie schon in ihrem Buch »Wurzeln schlagen in der Fremde. Die Internationalen Gärten und ihre Bedeutung für Integrationsprozesse« zeigt Christa Müller ein Gespür für feine Stimmungen und Schwingungen, für die Emanzipation der Menschen. Selbst forscht sie seit Jahren zu nachhaltigen Lebensstilen und urbanen Gärten und bleibt auch als geschäftsführende Gesellschafterin der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis beim Thema. Sie schöpft aus ihrem Wissen, ihren internationalen Feldstudien und trägt zusammen, was zusammen betrachtet werden muss.
Etwas Neues entsteht, ein neuer Lebensraum. Neues aus alten Wurzeln, unseren Wurzeln, unseren Ursprüngen. Die Trennung von Stadt und Land hebt sich wieder auf, Grenzen verschwinden. Das Buch greift die kleine, grüne Revolution auf und trägt sie zum Leser. Es klärt sachlich, umfassend und doch mit Liebe zu Thema und Detail auf. Es animiert zum Nachdenken und Entdecken und liefert auch praktische Informationen für eigene erste Schritte.
Es ist ein Buch, das in Zeiten des sozialen Wandels gelesen werden will. Alles ist im Aufbruch, im Aufbrechen überholter Lebensweisen. Es ist ein grüner Traum, eine kleine, feine Oase. Es ist ein Weg.


Urban Gardening
Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt.
Christa Müller (Hrsg.)
oekom-Verlag, 2011, 352 Seiten
ISBN 978-3-86581-244-5
19,95 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #8

Regional- & Stadtentwicklungvon Stella Loewenberg

Schein-Heilung

Die Verwandlung der gescheiterten Altonaer Regionalwährung »Alto«.

Globale Perspektivenvon Christoph Pfluger

Die Gier ist es nicht

Während die Menschheit jahrtausendelang mehr oder weniger nachhaltig lebte, setzte ab etwa 1750 eine verheerende Dynamik ein – mit exponentiellem Wachstum der Bevölkerung, des Verbrauchs und der Zerstörung. Was ist eigentlich mit uns geschehen?

Gemeinschaftvon Beate Küppers

Geld ist ein Werkzeug

Alfred von Euw ist einer der Mitbegründer der Artabana-Bewegung in der Schweiz. Er hat außerdem die »Eidgenössische Commende« ins Leben gerufen, eine lose Gruppierung von Menschen, die seit 1994 einen grundlegend anderen Umgang mit Geld praktisch erprobt.Anfangs wurde

Ausgabe #8
Geldbeben

Cover OYA-Ausgabe 8Neuigkeiten aus der Redaktion