»Der Anti-Krisen-Gärtner«: Diesen politischeren Titel trägt – übersetzt – die 2010 erschienene französische Originalausgabe des Buchs »Unser Garten ist Gold wert«. Diese Programmatik scheint aber auch in der deutschen Version auf, wenn es im letzten Satz der Einleitung zum Buch ganz richtig heißt: »Der eigene Gemüseanbau ist sicher eine von den besseren Methoden, die uns gegen die allgegenwärtigen Krisen zur Verfügung stehen.« 2002 ist der Autor Rodolphe Grosléziat mit seiner Familie aufs Land gezogen, hat ein Haus gebaut und mutig einen 3200 Quadratmeter großen Selbstversorgergarten angelegt. Sein Buch ist jedoch nur in zweiter Linie ein Gartenbau-Anleitungsbuch, es ist vor allem ein Erfahrungsbericht über diese Zeit erster gärtnerischer Versuche und allmählicher Lernschritte. Grosléziat gibt nicht vor, die selbstangebaute Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Er zeigt sich vielmehr als ein zwar enthusiastischer, aber eben auch noch lange nicht ausgelernter Gärtner. Beim ersten Durchblättern fiel mein Blick gleich auf eine Passage, wo er sich wundert, dass sein Fenchel zwar hübsch blüht, aber keine Knollen bildet. Die nette, ehrliche Antwort zu diesem Problem: »Ich habe ja nun den Winter über Zeit, die Lösung dieser Frage vor der nächsten Aussaat zu finden.« Freilich findet der Leser in Grosléziats Buch aber auch sehr viele wertvolle Tipps zu allen wichtigen Aspekten der Thematik (Planung, Gemüse, Obst, Kräuter, Zierpflanzen, Saatgutgewinnung, Bodenverbesserung, Schädlinge, Hühner- und Bienenhaltung, Haltbarmachung etc.), und vor allem findet er Ermutigung. Der gärtnernde Familienvater hat hier ein Plädoyer für die autonome (nicht autarke) Selbstversorgung geschrieben, das sich insbesondere an Leserinnen richtet, die noch vor bzw. am Anfang ihrer gärtnerischen Karriere stehen. Nicht zuletzt ist ihm daran gelegen, den Zögerlichen zu beweisen, dass sich das Gärtnern auch, rein ökonomisch betrachtet, lohnt – von den zahlreichen anderen positiven Effekten auf Gesundheit, Entspannung und Befriedigung, Kindererziehung, ökologische Vielfalt usw. abgesehen, die hier aber ebenfalls nicht zu kurz kommen. Der Autor ist ein eifriger Buchhalter: Zu jedem Projekt, zu jeder Kultur hat er den finanziellen und zeitlichen Aufwand gegen den Ertrag – gemessen in Kilo sowie im Ladenpreis für etwa gleichwertiges Bio-Gemüse – gerechnet. Neben zahlreichen stimmungsvollen, gelegentlich jedoch etwas nichtssagenden (Familien-)Fotos finden sich in dem schön gemachten Buch auch Grosléziats Bilanztabellen, die zeigen: An jährlich dreißig vollen Garten-Arbeitstagen (das entspricht im Durchschnitt einer halben Stunde täglich) erzeugt er in seinem Garten Früchte im Wert von über 3000 Euro – da bekommt die deutsche Titelgebung dann doch auch ihre Berechtigung …
Unser Garten ist Gold wert Eine Familie versorgt sich selbst. Rodolphe Grosléziat Ulmer Verlag, 2011, 256 Seiten ISBN 978-3800175482 24,90 Euro