Buchtipps

Fäden verbinden/threads unite (Buchbesprechung)

von Matthias Fersterer, erschienen in Ausgabe #4/2010
Photo

Körperliche Kriegsverletzungen werden genäht, verbunden und ver-arztet. Wer kümmert sich aber um die nicht weniger verheerenden seelischen Wunden? Wer hilft, Kriegsschäden zu heilen, die sich nicht mit Hilfe von Wiederaufbauverträgen, Reparationszahlungen oder Minensuchgeräten beheben lassen?
Einen ungewöhnlichen Ansatz verfolgt das deutsch-afghanische Projekt »Fäden verbinden/threads unite« von Pascale Goldenberg. Es ist mehr als kunsthandwerkliche Entwicklungshilfe, folkloristische Konzeptkunst oder ergotherapeutische Maßnahme – und hat doch etwas von all diesen Dingen: Goldenberg unterstützt afghani- sche Frauen dabei, nach fünfundzwanzig Kriegsjahren die traditionelle Handwerkskunst des Stickens neu zu beleben. Das Format ist vorgegeben, Motive und Sticktechnik wählen die Frauen selbst. Die Stickereien werden in Europa verkauft, wobei eine Weitervererarbeitung zu Kunst- oder Gebrauchsobjekten ausdrücklich erwünscht ist. Teil des Kunstprojekts ist es nämlich,
verschiedene Kulturen und Handarbeitstechniken miteinander zu verbinden.
Den inzwischen über 200 Stickerinnen wird so nicht nur ein Auskommen ermöglicht – das Selbermachen und die Rückverbindung mit regionalen Traditionen stärkt auch ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbständigkeit und gibt ihnen Werkzeuge an die Hand, um innere Kriegswunden zu heilen.
In über 300 Abbildungen werden erstaunlich lebensfrohe Motive präsentiert, in denen sich Alltagsszenen mit traditionellen Symbolen verbinden. Zusammen mit den zweisprachigen Begleittexten erlauben sie tiefe Einblicke in die Kultur und das Lebensumfeld der afghanischen Frauen.
Ein ermutigendes Projekt, das in diesem kleinen »Galeriebuch« ansprechend dokumentiert wird. 


Fäden verbinden/threads unite. 
Pascale Goldenberg
Maro Verlag, 2009
120 Seiten
ISBN 978-3875127546,
20,00 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #4

Bildung

Geborgenheit in Freiheit

Kinder sollten schon so fertig wie möglich auf die Welt kommen und als Zweijährige in der Krippe »funktionieren«, fordert die Gesellschaft. Gefährlich, meint Dagmar Neubronner. Ein gesunder, selbstbewusster Mensch braucht am Anfang vor allem Geborgenheit.

Selbermachenvon Petra Steinberger

Weitermachen. Trotz allem.

Zum Oya-Gespräch war eine Sozialwissenschaftlerin, eine Journalistin und ein Aktivist zu einer Improvisation über das Stichwort »Selbstermächtigung« mit Oya-Herausgeber Johannes Heimrath eingeladen. Welche Bedeutung hat heute das Gefühl, sein Leben in die eigene Hand zu nehmen?

Bildungvon Florian Lück

Freiraum

In Hugoldsdorf in Nordvorpommern entwickelt sich seit 2007 ein Freiraum zum Lernen und Leben. Vertrauen, ­Freiwilligkeit und die Individualität des Einzelnen stehen hier im Mittelpunkt.

Ausgabe #4
Zumutung

Cover OYA-Ausgabe 4Neuigkeiten aus der Redaktion