Wenn nicht wir, wer dann?
Die selbstbestimmte Gesellschaft der Zukunft braucht heute die direkte Demokratie.
Körperliche Kriegsverletzungen werden genäht, verbunden und ver-arztet. Wer kümmert sich aber um die nicht weniger verheerenden seelischen Wunden? Wer hilft, Kriegsschäden zu heilen, die sich nicht mit Hilfe von Wiederaufbauverträgen, Reparationszahlungen oder Minensuchgeräten beheben lassen?
Einen ungewöhnlichen Ansatz verfolgt das deutsch-afghanische Projekt »Fäden verbinden/threads unite« von Pascale Goldenberg. Es ist mehr als kunsthandwerkliche Entwicklungshilfe, folkloristische Konzeptkunst oder ergotherapeutische Maßnahme – und hat doch etwas von all diesen Dingen: Goldenberg unterstützt afghani- sche Frauen dabei, nach fünfundzwanzig Kriegsjahren die traditionelle Handwerkskunst des Stickens neu zu beleben. Das Format ist vorgegeben, Motive und Sticktechnik wählen die Frauen selbst. Die Stickereien werden in Europa verkauft, wobei eine Weitervererarbeitung zu Kunst- oder Gebrauchsobjekten ausdrücklich erwünscht ist. Teil des Kunstprojekts ist es nämlich,
verschiedene Kulturen und Handarbeitstechniken miteinander zu verbinden.
Den inzwischen über 200 Stickerinnen wird so nicht nur ein Auskommen ermöglicht – das Selbermachen und die Rückverbindung mit regionalen Traditionen stärkt auch ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbständigkeit und gibt ihnen Werkzeuge an die Hand, um innere Kriegswunden zu heilen.
In über 300 Abbildungen werden erstaunlich lebensfrohe Motive präsentiert, in denen sich Alltagsszenen mit traditionellen Symbolen verbinden. Zusammen mit den zweisprachigen Begleittexten erlauben sie tiefe Einblicke in die Kultur und das Lebensumfeld der afghanischen Frauen.
Ein ermutigendes Projekt, das in diesem kleinen »Galeriebuch« ansprechend dokumentiert wird.
Fäden verbinden/threads unite.
Pascale Goldenberg
Maro Verlag, 2009
120 Seiten
ISBN 978-3875127546,
20,00 Euro
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