Gesucht: Selbstversorger mit Selbst
Als Selbstversorger in die Toskana zu gehen, war in den 80er Jahren der Aussteiger-Traum schlechthin. Selten gab es ein gutes Erwachen. Nur wenige haben ihn zu Ende geträumt.
Selten findet man spannend erzählte Sachbücher. Mi- chael Pollans »The Omnivore’s Dilemma« zeigt, dass es im »Land der Unbegrenzten« auch Möglichkeiten gibt, sich unterhaltsam über Nachhaltigkeit zu infor- mieren. Englisch lesen, das ist ein wenig wie auswärts essen gehen. Wer lieber zu Hause isst, hat ab Januar 2011 die Chance dazu, wenn das Buch als »Das Om- nivoren-Dilemma« auf Deutsch erscheint. In den USA ist es ein Buch unter den Top 10, hoffentlich nicht nur verkauft sondern auch gelesen, von den Omnivoren, den Allesfressern, von uns Menschen.
Ausgehend von der Frage »Was gibt es heute zu essen?«, hat Michael Pollan den Selbstversuch unternommen und ist den verworrenen Wegen un- serer Nahrungsmittel, der Überlebensmittel gefolgt. Unterteilt in die drei Kategorien Industrielles Essen, Bio-Essen und Essen aus der wilden Natur, bieten die Seiten viel Information, Stoff zum Nachdenken und persönliche Berichte.
Mais, der Alleskönner, wird vom Autor von der Polle bis zum Frittierfett, vom Stempel zum Ein- packpapier, vom Korn zum Muskelfleisch der Rinder beschrieben. Als Mahl gibt es einen Burger mit Bilanz des Maisanteils, die zeigt, wieviel von dieser Pflanze an einem einzigen Essen anteilnimmt. Mahlzeit ist gleich Maiszeit, und Fast Food wirklich nur »fast Es- sen«.
Für das Kapitel »Organic«, bei uns »biologisch«, muss Michael Pollan zweimal kochen: zum einen mit Waren aus einer Bioladenkette, anschließend mit Lebensmitteln vom Biobauernmarkt. Er begegnet den Erzeugern, verfolgt sein Huhn vom Ei zum Tisch und beschreibt sehr anschaulich, an welche Grenzen er dabei stößt. Von Begegnungen mit Verkäufern, Bau- ern und Produzenten erzählt Pollan in einem leichten Ton, nicht ohne Zahlen und Belege zu bringen.
Zu guter Letzt geht es um Essen aus der Natur: das Wilde, das Regionale, zum Beispiel Früchte aus der Stadt, die man in Amerika durch interaktive Land- karten über Wildgemüse und Wildobst finden kann (in Deutschland: www.mundraub.org). Pollan begegnet sich selbst und trifft das Wild erst nach einer langen Pirsch zum eigenen Mut. Hier steht die Einsicht, dass Essengehen und Schlachtenlassen einfacher is(s)t.
Was gibt es zu essen? Eine politische Entschei- dung, keine einfache Frage, aber eine, mit deren Ant- wort man jeden Tag aufs Neue steuern kann, was in der Welt passiert. Das Buch ist Nahrung für den Kopf, beeinflusst den menschlichen Allesfresser und bestä- tigt so manche alternative Lebensweise. Es ist eine Zutat zum nachhaltigen Leben, gewürzt mit ein wenig Ironie und Tatsachen, verpackt in eine spannende Geschichte.
Das Omnivoren-Dilemma
Wie sich die Industrie der Lebensmittel bemächtigte und warum Essen so kompliziert wurde Michael Pollan
Goldmann Verlag, 2011,
608 Seiten
ISBN 978-3442219339
14,99 Euro

Als Selbstversorger in die Toskana zu gehen, war in den 80er Jahren der Aussteiger-Traum schlechthin. Selten gab es ein gutes Erwachen. Nur wenige haben ihn zu Ende geträumt.
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Das Kempodium in Kempten ist eine Oase für Menschen, die gerne selber tätig sind. Im letzten Jahr hat das »Allgäuer Zentrum für Eigenversorgung« mehr als 55 000 Besucher gesehen. Viele haben eigene Ideen in handwerkliche kreative Projekte verwandelt. Am 30. September feierte man das zehnjährige Jubiläum. Ein guter Anlass, nach dem Erfolgsrezept zu fragen.