Ein »Regenmacher« begrünt erfolgreich Algeriens Wüste.von Jochen Schilk, erschienen in Ausgabe #35/2015
Madjid Abdellaziz ist gebürtiger Algerier. Er lebt hauptsächlich in Berlin, wo er anlässlich eines Informatikstudiums in den 1980er Jahren nicht nur die deutsche Sprache erlernt hat, sondern auch in der Technik wissenschaftlichen Arbeitens geschult wurde. Mehrere Jahre war er als Projektleiter und Programmierer bei Volkswagen angestellt. Als er im Jahr 2003 angesichts einer großen Dürre in seinem Heimatland beschloss, Abhilfe für das Problem der Wüstenausbreitung zu suchen, wandte er sich jedoch nicht der etablierten Wissenschaft zu. Vielmehr griff er – inspiriert durch den Berliner Wirtschaftsprofessor Bernd Senf – mit den Techniken von Victor Schauberger, Nikolai Tesla, Walter Russel und Wilhelm Reich hoch umstrittene Ansätze auf, die in Deutschland bestenfalls als »grenzwissenschaftlich« gelten. Folgt man den verwackelten Videos im Internet, so kann man sich zweier Eindrücke nicht erwehren. Erstens: Madjid Abdellaziz kann nicht exakt erklären, wie die von ihm angewendeten Methoden funktionieren. Und zweitens: Sie scheinen ganz famos zu funktionieren! Das staubtrockene Stück Wüstental am Nordrand der Sahara, das er und seine Familie seit 2005 beispielhaft einer Transformation unterziehen, hat sich innerhalb weniger Jahre in ein augenscheinlich ertragreiches, grünes Kulturland verwandelt. 40 000 Bäume konnten gesetzt werden, und wo zuvor nur schwere Hitze auf halbtotem Boden lastete, gedeihen nun Gemüse, Getreide und Obst. Ob tatsächlich der nach Plänen von Wilhelm Reich konstruierte »Cloudbuster« – der die lebensfeindlich »blockierte« Wüstenatmosphäre beeinflussen soll – dafür sorgt, dass es wieder regelmäßig regnet, muss offenbleiben. Doch seit Beginn von Abdellaziz’ Operationen sollen der örtliche Grundwasserspiegel um 30 Meter gestiegen sein und die klimatischen Bedingungen im Umkreis von mindestens 150 Kilometern sich eklatant verbessert haben: Die ehemalige Wüste ist zum grünenden und blühenden Land geworden. Kann es aber wirklich sein, dass dies auf die Praxis der »Integralen Umweltheilung« im Flecken Djanan zurückzuführen ist, bei der verschiedene Ansätze der erwähnten Forscher mit Energetisierungsmethoden alter Völker kombiniert werden? Und sind tatsächlich jene Techniken der Grund – oder verfügt Abdellaziz schlicht »nur« über die immateriellen Kräfte eines guten Wetterschamanen? Auch dies würde seinen Erfolg ja nicht schmälern.
Mit dem Wolkenknacker ins Blaue hinein
Wilhelm Reichs Cloudbuster etwa besteht im Wesentlichen aus einem Bündel von Stahlrohren, an deren unteren Enden Schläuche befestigt sind, die in ein kleines Wasserbassin münden. Bei der sorgsam durchgeführten »Himmelsakupunktur« auf dem Familienprojekt in Djanan wird der »Wolkenknacker« auf bestimmte Punkte am Firmament gerichtet. Abdellaziz erklärt, die Wirkweise müsse man sich so vorstellen, dass die Rohre die »blockierte Lebensenergie« aus der Wüstenatmosphäre absaugen. Die Blockade sei auch eine Folge der französischen Atombombentests, die dort zuletzt 1978 durchgeführt worden sind. In einem Video vom ersten Einsatz der Apparatur in Djanan sieht man augenblicklich einen Sturm losbrechen. »Diese Maschine ist wirklich effektiv«, ist Madjid Abdellaziz nach einigen Hundert solcher Operationen überzeugt. »Spätestens nach drei Tagen Arbeit kommt Regen.«
Wüste fasziniert, braucht aber Grenzen Seinen Anteil an dem seltsamen Wunder beschreibt er so: »Theorie ist, wenn man alles versteht und nichts funktioniert. Praxis ist, wenn alles funktioniert, aber keiner versteht, wie. Ich versuche, einen Weg zwischen beidem zu finden.« In dem Interview, aus dem dieses Zitat stammt, preist Abdellaziz auch die Schönheit der Wüste, sucht Worte für ihr enormes Verwandlungspotenzial auf die menschliche Seele. Dennoch hegt er nach den ersten Erfolgen mit dem 30-Hektar-Modellprojekt Djanan eine Vision, welche diese Wüste deutlich in ihre Schranken weisen soll – und wie im Fall der meisten Aufforstungsprojekte hat auch diese große ökologische Vision eine starke soziale Dimension.
Lebensraum schaffen für Millionen Es geht ihm um den Strom afrikanischer Flüchtlinge in Richtung Europa. Könnte man – so stellte sich für ihn die Frage – für diese oftmals heimatlos gewordenen Menschen ein lebenswertes grünes Band von zunächst 12 bis 20 Kilometern Breite quer durch die Wüste erschaffen? Eine Kette von Ökodörfern, die sich von West nach Ost durch die Sahara schlängelte? Menschen könnten sich dort ansiedeln und die Wüste weiter zurückdrängen. Abdellaziz bezieht sich auf Gespräche mit Flüchtlingen, die mehrheitlich gar nicht nach Europa wollen. Sie würden bleiben, wenn es auf dem Heimatkontinent Arbeit, Häuser, Essen gäbe, wenn sie eine Chance bekämen, ihre zurückgebliebenen Familien zu unterstützen oder nachzuholen. »Afrika«, heißt es deshalb auf Abdellaziz’ Webseite, »könnte der lebende Beweis dafür werden, wie ein Kontinent durch seine Migranten heilen kann. Wenn man ihnen nur die Erfahrung schenken würde, wie man aus Sandsäcken Häuser baut [und] in deren Höfen hängende Gärten anlegt, [wie man] Trinkwasser aus Tau gewinnt, nahrhafte Pilze auf Abfall und Laub zieht, wie man eine Wüste vom Fluch der radioaktiven Verseuchung befreit, wie man auf Sand Gärten und Wälder gedeihen lässt […] Und dann könnten diese Flüchtlinge als eine Heerschar von Messiasen wieder nach Hause ziehen.« So gesehen, seien die vielen Flüchtlinge gewissermaßen das »biologische Sonderprogramm zur Rettung des Kontinents«.
Diese Idee könnte die Welt verändern Das ist eine große, eine schöne, vermutlich sogar eine umsetzbare Vision! Leider, so teilt der Pressesprecher des Visionärs mit, liegen die Pläne noch in der Schublade – wie so oft fehlt es am lieben Geld, in diesem Fall geschätzte 50 Millionen Euro. »Madjid Abdellaziz übernimmt solange Auftragsarbeiten in anderen Ländern, etwa in Paraguay und der Mongolei«, heißt es. Auf www.desert-greening.com können Privatleute Patenschaften für weitere Saharabäume in Djanan übernehmen. Aber vielleicht erkennt ja auch die große Politik irgendwann, dass es auf Dauer günstiger ist, dazu beizutragen, die Heimatregionen der Flüchtenden wieder lebenswert zu machen, als jahrzehntelang mit Hunderttausenden hilfesuchenden Menschen und den damit einhergehenden kulturellen und logistischen Problemen umgehen zu müssen. Europa trägt als Wiege des zerstörerischen und weiterhin andauernden Kolonialismus die Verantwortung: Es muss zur Wiederherstellung der entstandenen Schäden beitragen! Warum nicht helfen, Land zu regenerieren? Wie in Teil 3 dieser Artikelserie beschrieben (Oya Ausgabe 31), würde von den zu erwartenden positiven Auswirkungen auf das Klima letztlich die ganze Welt profitieren. Nachdem die südalgerischen Trockengebiete seit etwa 2008 durch erhöhte Niederschlagsraten wieder fruchtbarer geworden sind und Rekordernten eingefahren werden konnten, hat die algerische Regierung reagiert und ein möglicherweise wegweisendes Siedlungsprogramm beschlossen. So will man zum Auftakt 170 Kilometer von der Hauptstadt Algier entfernt die klimagasneutrale »Zero-Emission«-Stadt Boughezoul errichten. Von 2025 an sollen dort auf rund 4000 Hektar ehemaliger Halbwüste 350 000 Einwohner leben. »Ihr geht mit der Welt um, als hättet ihr eine zweite im Keller«, lautet ein wütender Spruch der frühen Umweltbewegung. Vielleicht stellen die riesigen Wüstengebiete des Planeten tatsächlich so etwas wie eine potenzielle Welt-erweiterung dar? Dann gälte es, die Chance klug zu nutzen! •