Kann man die Marktwirtschaft reparieren? Oliver Richters und Andreas Siemoneit bejahen diese Frage in ihrem gleichnamigen Buch. Sie outen sich als Anhänger des »Ordoliberalismus« und der »sozialen Utopie der Markwirtschaft«, wie sie Walter Eucken (1891–1950) skizzierte. Eucken glaubte, dass man die Macht der Kartelle zähmen müsse, damit die Märkte funktionieren könnten. Richters und Siemoneit kritisieren die Machtfülle von Konzernen, die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich und den zerstörerischen Ressourcenverbrauch. Dadurch würde die »Leistungsgerechtigkeit« zugunsten weniger verzerrt – für die Autoren ein zentraler Begriff, in dem das ganze Problem ihres theoretisch nicht sehr gut begründeten Konzepts steckt. Sie halten Leistungsgerechtigkeit für etwas Positives und weithin Anerkanntes – und übersehen damit die gesamte feministische, marxistische und ökosoziale Kritik an der Steigerungslogik des Kapitalismus. Wenn ich umso besser bezahlt werde, je mehr ich »leiste«, trägt auch das – wie so vieles andere, das Richters und Siemoneit übersehen – zum Wachstumszwang bei. Die Frage, warum manche Tätigkeiten – etwa in der Kinder- und Altenpflege oder in der Subsistenzwirtschaft – gänzlich unbezahlt sind, stellen sie sich gar nicht. Dennoch machen die Autoren wichtige Vorschläge, denen man eine sofortige Realisierung wünscht. Ausgehend von eben jener Norm der Leistungsgerechtigkeit kritisieren sie die komplett leistungslosen Einkommen in Form einer Bodenrente, die reichen und superreichen Boden- und Immobilienbesitzern zuströmt. Um diese enorme Ungerechtigkeit abzubauen, schlagen sie eine Bodensteuer vor. Ihre Einführung hätte positive Folgen in Stadt und Land: Die Bodenspekulation würde ausgebremst und die Landwirtschaft ein Stück weit dekapitalisiert; auch die hohen Mieten und Hauspreise in den Städten würden gemindert. Ihren weiteren Vorschlägen wünscht man ebenfalls Erfolg: der Einführung eines »Vollgeldes«, das die Kreditschöpfung der Banken »aus dem Nichts« beendet; progressive Einkommens- und Vermögenssteuern sowie eine Ressourcensteuer, die die Ver(sch)wendung von Rohstoffen und den Ausstoß von Treibhausgasen kappen und deckeln soll. Steuern allein werden allerdings die »wirtschaftlichen Machtkörper«, die Richters und Siemoneit zu Recht kritisieren, nicht auflösen. Fazit: Ein anregendes, aber nicht zu Ende gedachtes Buch.
Marktwirtschaft reparieren Entwurf einer freiheitlichen, gerechten und nachhaltigen Utopie. Oliver Richters, Andreas Siemoneit oekom, 2019 200 Seiten ISBN 9783962380991 17,00 Euro