von Philipp Gerhardt, erschienen in Ausgabe #57/2020
Seit ich Heinrich Cottas vor 200 Jahren erschienene »Baumfeldwirthschaft« gelesen habe, hat mich kein Buch über Bäume, Aufforstungen, Wald und die Verknüpfung all dessen mit dem »guten Leben« mehr so wirklich von den Socken gehauen. Das mag vielleicht daran liegen, dass – abgesehen von den typischen Fehlern jener Zeit – Cotta damals schon alles gesagt hat, was gesagt werden muss (siehe »In einer Waldlandschaft …« in Oya 51). Seither ist die Menschheit munter in die entgegengesetzte Richtung gelaufen, ist quasi auf dem Holzweg gewesen. Oft frage ich mich, warum das so ist, wohin das noch führen wird, und dann – was man dagegen tun kann! Genau da fällt mir Jochen Schilks Buch »Die Wiederbegrünung der Welt« in die Hände. Ich habe wirklich lange nichts Motivierenderes gelesen; nichts, was mir mehr das Gemüt gehoben und mich in einem Zustand hinterlassen hätte, wo ich nichts lieber tun würde, als Bäume zu pflanzen. Da ich als Forstmann in meinem Leben viel damit beschäftigt bin, Bäume zu pflanzen (bzw. pflanzen zu lassen), ist ein Hochgefühl eingetreten, etwas wirklich Bedeutsames zu tun. Besonders, wenn ich mal in der Stadt unterwegs war, hat die Lektüre des Buchs ein richtiges Aufatmen ausgelöst. Ich denke, wenn Stadtmenschen das lesen, dann können sie doch unmöglich weiter so leben – oder doch? »Lest es alle, dann könnt ihr nicht anders, als euer Leben dem Bäumepflanzen zu verschreiben!«, möchte ich ihnen zurufen, voll Hoffnung und wieder erfüllt von den schönen Dingen, die wir Menschen auf dieser Welt vollbringen können. »Die Wiederbegrünung der Welt« kommt genau zur richtigen Zeit. Es enthält 50 wirklich spannend aufbereitete Geschichten über das, was zu tun ist, um den Planeten wieder in ein »irdisches Paradies« zu verwandeln. Wir finden hier inspirierende Tatsachenberichte über die Werke von Selbermach-Aufforsterinnen, von Ländern, die sich bereits bei der Wiederbegrünung hervorgetan haben, sowie von ehrgeizigen internationalen Programmen zur Landschaftswiederherstellung. Diese Geschichten sind so miteinander kombiniert, dass das Buch fast wie ein Roman mit mehreren Handlungssträngen zu lesen ist, so als müssten sich am Ende alle Protagonisten treffen; man wartet förmlich darauf. Doch das Einende bleibt, ganz unromantisch, dass es um die Rettung unserer Lebensgrundlagen geht. Nach allem, was in den letzten Jahren über Bäume geschrieben wurde und den Weg in die Alltagsgespräche fand, ist das eine sehr erfrischende Entdeckung! Dabei, das muss ich als Förster sagen, spart der Autor nicht mit gut recherchierten Hintergrundinformationen. Es beeindruckt mich sehr, wie Jochen Schilk sich so tief in die Thematik eingearbeitet hat, dass auch für mich viel fachliche Inspiration und regel-rechte Aha-Momente in den Kapiteln zu finden waren. Diese Fülle macht das Buch zu einem Werk, das man eigentlich Jedem und Jeder – ob jung, ob alt, ob »vom Fach« oder eben nicht – in die Hand drücken sollte. Und wenn es ausgelesen ist? – Am besten weitergeben – und bei einer gut vorbereiteten Baumpflanzung mithelfen!
Die Wiederbegrünung der Welt 50 Geschichten vom Bäumepflanzen. Jochen Schilk Drachen Verlag, 2019 272 Seiten ISBN 978-3947296071 22,80 Euro