Titelthema

Kulturwerkstatt »Ins Blaue« in Remscheid

Aus dem »Mosaik des guten Lebens«.
Photo
© KATJA WICKERT

Die Arbeitersiedlung aus den 1920er Jahren galt früher als Kommunistenviertel, später bekam sie die Bezeichnung »Klein-Istanbul«. Heute ist der Honsberg ein Stadtteil Remscheids mit viel Leerstand, aber auch Potenzial. Umgeben von viel Grün, gibt es keinen Durchgangsverkehr – heute ein besonderes Merkmal von Lebensqualität. In acht ursprünglich zum Abriss vorgesehenen Häusern der Arbeitersiedlung hat hier die »Kulturwerkstatt Ins Blaue« ihren Freiraum gefunden.
Ein Kunst-Festival, das ein Honsberger Bürger in Häusern, die inzwischen abgerissen sind, 2013 initiiert hatte, war der Auslöser dafür, dass die Wohnungsbaugesellschaft sich auf eine Zwischennutzung durch Künstler und Kreative eingelassen hat. Inzwischen ist der Verein »Kulturwerkstatt Ins Blaue« Mieter von acht Häusern, die ohne diese Entwicklung längst nicht mehr stünden.
Die Aktionen der Kreativen im Bereich Kunst und Kultur haben das Viertel durch Festivals, Workshops, Ausstellungen, Wohnzimmerkonzerte und Theater »verlebendigt«. Der Stadtteil, der noch immer bei vielen Menschen ein schlechtes Image hat, wird zunehmend als offener, freundlicher Ort wahrgenommen.
Noch werden »die Künstler« von einigen Leuten vor Ort skeptisch beäugt, doch verschiedene Quartiersprojekte – zum Beispiel ein Upcycling-Möbelbauworkshop, eine Textildruck-Werkstatt und das Nachbarschaftswohnzimmer, das zur Zeit als Ort der Begegnung und des Miteinanders entsteht – tragen erheblich dazu bei, dass sich diese »Ufoposition« verändert und Berührungsängste abgebaut werden.
All das verlangt ein riesiges Pensum an ehrenamtlichem Engagement. Auf Dauer kann das so nicht geleistet werden. Daher arbeiten die Akteurinnen und Akteure daran, für die Tätigkeit in der Kultur- und Nachbarschaftsarbeit ein Grundeinkommen erreichen zu können. Und sie sind offen für Mitwirkung: Interessierte mit kreativen Ideen und Menschen, die Raum für Workshops suchen – alle sind herzlich willkommen!  
Torsten Kelsch

www.ins-blaue.net

weitere Inhalte aus #59 | Schöne neue Welt?

Photo

Straßenprotest trifft Gartenarbeit

Anja Marwege  Vor zehn Jahren haben wir uns durch die Ausbildung zu »Zukunftspilotinnen« kennengelernt. Als Teil dieses Netzwerks erlebe ich, wie sich Menschen in umweltpolitischen Gremien, in Verbänden, Initiativen, Naturschutzorganisationen und Medien miteinander

Photo

Der kurze Sommer der Anarchie

Die Platzbesetzung am 3. Mai 1980 auf der Bohrstelle 1004 des geplanten Atommülllagers im Wendland war mehr als nur eine Anti-Atom-Aktion. Es war das Aufleuchten einer Vision:33 Tage lang haben wir damals quasi in der Zukunft gewohnt.Fast 700 Menschen lebten ständig auf dem Platz, dazu

Nähe, Mut und Vielfalt – Regionalität wirkt! (Buchbesprechung)

Laut Umfragen legen 78 Prozent der Deutschen Wert auf regionale Lebensmittel. Allerdings ist nirgendwo definiert, wie groß der Umkreis für »regional« eigentlich sein darf – weshalb einige Lebensmittelkonzerne unter diesem Label Waren anbieten, die viele hundert oder

#59 | Schöne neue Welt?

Cover OYA-Ausgabe 59
Neuigkeiten aus der RedaktionVerteilstationen