Anfang Mai wanderte ich durch den Berliner Humboldthain, einen auf zwei Trümmerbergen angelegten Park mit großen Wiesen und hohen Bäumen, verschieden gestalteten Orten, die zum Verweilen einladen, und auch vielen Bereichen, an denen die Pflanzen einfach wachsen dürfen. Es war ein schöner Frühlingsabend, viele Menschen gingen spazieren oder saßen gemeinsam auf den Wiesen. Ich sah eine größere Gruppe von Männern, die ein winziges Volleyballnetz gespannt hatten und auf dem entsprechend kleinen Feld dicht beieinander stehend spielten. Im Frühling letzten Jahres wäre mir all das kaum aufgefallen. Aber nun war vieles davon verboten. Menschen sollten sich nicht in Gruppen treffen, schon gar nicht für Ballspiele auf engem Raum. Doch inmitten des Ganzen stand ein Polizeiauto, eine Tür weit geöffnet, und die Polizisten zeigten keinerlei Bemühen, das fröhliche Treiben zu verhindern! Plötzlich sah ich viel deutlicher als bisher in diesem Park einen Ort des guten Lebens. Die Menschen hier warteten nicht auf die Zeit nach der »Krise«, auf all das Schöne, was in der Zukunft (wieder) möglich sein soll, sondern begegneten sich jetzt. Eine kleine Rebellion der Gegenwart! Nachts, wenn die Menschen gegangen sind, wird der ganze Park zu einem Ort des guten Lebens für Füchse, Kaninchen, Mäuse und all die anderen Tiere, die sich am Tag in Büsche und Höhlen zurückziehen. Morgens, wenn nur wenige Menschen dort sind, kann ich beobachten, wie die Eichhörnchen über die Wiesen und an den Stämmen hinauf und wieder hinunter flitzen. Und für die Vögel ist dieser Ort mit den vielen Sträuchern und Bäumen, deren Früchten und den Essenskrümeln, die die Menschen hinterlassen, zu jeder Zeit einer des guten Lebens. Franziska Castro