Als einen Glücksfall empfinde ich das neu erschienene Buch »Lasst uns Paradiese pflanzen! Reich werden mit der Vielfalt der Natur – statt arm durch ihre Zerstörung«. Autor Timm Koch schlägt damit in dieselbe Kerbe, die bereits mit der Oya-Ausgabe 51 (»Garten Erde«) bearbeitet wurde: Es geht um die Vision, die Menschheit mehr und mehr von den Früchten aus mehrjährigen Gehölzpflanzen zu ernähren, was gegenüber dem energieaufwändigen Anbau einjähriger Kulturen unter anderem deutliche ökologische Vorteile mit sich bringen würde. »Zum Paradies gehören […] fruchttragende Bäume. […] Die Arbeit der Landwirte wird in der Hauptsache aus Ernte bestehen«, formuliert Timm Koch griffig. Er macht immer wieder deutlich, wie beschränkt die industrielle Forst- und Landwirtschaft heute noch denkt und welch immense Zerstörungen ihr Wirken zeitigt. In seiner Vision der agroforstlichen Multifunktionslandschaften sind auch die Massenställe einer in die Baumfeld-Paradiesgartenwirtschaft integrierten Tierhaltung gewichen.
Wiederholt adressiert der Autor die Geldgeberinnen der Verwüstung: »Mit Waldgartensystemen, Feld-Wald-Wirtschaft und regenerativer Landwirtschaft könnte man schließlich viel mehr Ertrag erwirtschaften« als mit der dummen, weil die Lebensfülle zerstörenden Herangehensweise. »Hey Banker«, ruft Timm Koch also den Verantwortlichen zu. »Entdeckt endlich die Ökologie als Riesenchance, euch langfristig und nachhaltig den Geldbeutel zu füllen, ohne dass ihr zum Hassobjekt werdet! Nutzt […] euer Kapital und euren Einfluss mal zur Abwechslung für die Natur und nicht gegen sie. Mit ein wenig Fantasie wird es euer Schaden nicht sein. […] Seht in den Pestizidfabrikanten endlich das, was sie sind: Konkurrenz, die mit allen Tricks zukunftsfähige Formen der Landnutzung ausbremst. Nutzt dieselben Tricks gegen sie. […] Die sieben essbaren Stockwerke des Waldgartens werden euch dabei zuverlässige Verbündete sein.«
Timm Koch zeigt das Potenzial diverser Ernährungs-Gehölzpflanzen für verschiedene Klimazonen und weist dabei zudem mit den Trüffelpilzen auf eine kulinarisch und finanziell vielversprechende, Baum-assoziierte »Kultur« hin, an die ich bislang noch gar nicht gedacht habe.
Ein weiterer Aspekt, der in »Lasst uns Paradiese pflanzen!« immer wieder aufscheint, betrifft die Klimadebatte. Für Koch stellt die allgemeine Fixierung auf das CO2 eine allzu grobe Vereinfachung der zugrundeliegenden Problematik (das blinde Wüten der Industriegesellschaft) dar; mindestens ebenso gefährlich wie die Erdüberhitzung sei nachgewiesenermaßen das große Artensterben. Als Lösungsansatz präsentiert er deshalb die Idee der Biodiversitätszertifikate (»Bidis«), die schädliche ökonomische Aktivitäten unprofitabel machen und zugleich helfen soll, regenerative Ansätze zu finanzieren.
Lasst uns Paradiese pflanzen! Reich werden mit der Vielfalt der Natur – statt arm durch ihre Zerstörung. Timm Koch Westend, 2021, 240 Seiten ISBN 9783864891380 18,00 Euro