Titelthema

Lasst uns von den Bibern lernen!

Die Autoren Claus Biegert und ­Torsten Schäfer betrachteten im Gespräch mit den ­Oya-Redakteurinnen Tabea ­Heiligenstädt und Maria König sprudelnde, mäandernde und ausufernde Flussbeziehungen.von Tabea Heiligenstädt, Torsten Schäfer, Claus Biegert, Maria König, erschienen in Ausgabe #67/2022
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© Bettina Koller/Robin Dirks/Melanie Schembritzki/Sandor Rapolder

Maria König  Ich bin in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft großgeworden und habe öfter meine Mutter, die für die sächsische Fischereibehörde tätig ist, zu den Teichen rund um Königswartha begleitet. Beim Lesen deines Buchs »Wasser-pfade«, Torsten, in dem du die kleinen Gewässer deiner Heimat erkundest, habe ich gelernt, diese unzähligen Bäche, Quellen und Tümpel mehr zu würdigen. – Wie sind eure persönlichen Beziehungen zu kleinen Gewässern?

Claus Biegert  Wenn ich dir zuhöre, steht das Murnauer Moos im Landkreis Garmisch-Partenkirchen vor meinem inneren Auge, das von den Flüssen Loisach und Ramsach umgeben ist. Gerade setze ich mich dafür ein, dass die Loisach mit Eigenrechten ausgestattet wird. Diese innige Beziehung zum Fluss und zum Moor verdanke ich meiner Biologielehrerin Ingeborg Haeckel, die uns Anfang der 1960er Jahre immer dorthin mitgenommen hat. Zu einer Zeit, als es den Begriff »Aktivismus« noch gar nicht gab, kämpfte sie erfolgreich gegen den Bau einer Müllverbrennungsanlage dort. Sie hat sich einfach so verbunden gefühlt mit dem Murnauer Moos, dass sie gar nicht anders konnte! In Neuseeland haben indigene Menschen initiiert, dass die Flüsse, die ihnen heilig sind, jetzt einen Rechtsstatus bekommen. Vielleicht müssen auch wir in Europa wieder erkennen, was heilig ist. Als ich mit Bettina, meiner Frau, bei den Loisachquellen war, dachte ich mir: Was gibt es eigentlich Heiligeres, als dass die Erde sich öffnet und uns tagein, tagaus Trinkwasser beschert? Von einer »heiligen Quelle« zu sprechen, ist überflüssig – eine Quelle ist per se ein heiliger Ort.

Torsten Schäfer  Den Sickerquellen und denen, die in Brunnen gefasst sind, habe ich in meinem Buch ein eigenes Kapitel gewidmet. Ich bin an den vielen Quellen bei Darmstadt entlanggewandert und habe mitgefühlt mit denen, die im letzten Sommer nur noch tropften oder trockenfielen. Die Quelle, mit der ich aufgewachsen bin, ist das Vogelsbrünnchen. Die Beziehung zu Wasser hat bei mir aber auch mit dem Altrhein und dem Rhein angefangen, wo ich von Kindesbeinen an viel Zeit mit Angeln und Erkundungen verbracht habe. Der Kühkopf, ein geschützter Auenwald am Altrhein, faszinierte mich, weil er etwas sehr Mystisches an sich hat. Der Rhein als großer Strom mit all seinen Tiefen und unberechenbaren Uferstrukturen lehrte mich vor allem Demut – gerade, wenn ich mich ihm als Angler auslieferte und manchmal nach Stunden mit leeren Händen nach Hause kam. Zu diesem Beziehungsgeflecht gehören für mich aber auch die Modau, die in den Altrhein mündet, mit der ich mich sehr verbunden fühle, und das Meer, welches ich vorausträumen kann, und zu dem sich meine Gedanken erstrecken können.

Tabea Heiligenstädt  Was mich geprägt hat, ist die Geschichte meines Vaters, der aus Jordanien kommt. Ich war dort als Kind jedes Jahr, und Wasser – oder der Mangel daran und die Sparsamkeit im Umgang damit – war eigentlich immer ein Thema. »Wie voll ist der Tank auf dem Dach noch?«, war eine häufige Frage. Das Wasser wurde immer geliefert, Regen habe ich dort nie erlebt. Das Tote Meer war eine der wenigen Bekanntschaften, die ich dort mit Gewässern machte. Diese war aber eher bedrückend, denn es war sehr heiß am Strand, und im Salzwasser konnte ich mich nur kurz aufhalten. Jetzt habe ich an meinem Wohnort, der Fuchsmühle in Nordhessen, den Schemmerbach direkt am Haus, und es ist für unsere Gemeinschaft hier an heißen Sommertagen essenziell geworden, uns kurz abzukühlen und diesen schattigen Ort aufzusuchen, der uns oft mehrmals am Tag belebt.

MK  Claus, du bist Mitherausgeber des Buchs »Vom Wesen des Wassers« mit Erkenntnissen der Wasserforschung aus aller Welt. Was hat dich dabei besonders berührt?

CB  Die Hopi im Hochland von Arizona haben sich über zwanzig Jahre gegen den Bau einer Wasserleitung gewehrt. Die Menschen dort sagen, wenn das Wasser aufgedreht wird, kannst du keinen Bezug zur Quelle haben. Der Wasserhahn täuscht vor, dass immer Wasser da ist, und du kannst nicht erwarten, dass jemand rücksichtsvoll oder dem Mangel entsprechend handelt, wenn er oder sie den Mangel gar nicht wahrnimmt. Aber gehst du zur Quelle und siehst, wie wenig sie heute hergibt, kannst du daheim davon erzählen, und alle werden sich aufgerufen fühlen, sparsam mit dem Wasser umzugehen.

TS  Sich sinnlich dem Wasser in der Landschaft zu öffnen, ist eine der besten Antworten auf den Klimanotstand. Wie können wir uns wieder gutstellen mit dem Wasser? Wenn wir jetzt über Waldsterben reden, ist natürlich die Ursache, die mit Hitze und Dürre einhergeht, der Wassermangel. Letztendlich muss das Wasser zurück in die Landschaft. Das beginnt in den Städten, in denen Flüsse wieder zugänglich gemacht werden – wie es etwa in Siegen gelungen ist – und beinhaltet die Wiedervernässung bislang landwirtschaftlich genutzter Flächen. Beispielsweise wurde das Ochsenmoor in Niedersachsen wiedervernässt. Die ganze Landschaft glitzert und glänzt, und unzählige Vögel wie Schnepfen finden wieder einen geeigneten Lebensraum. Dabei reicht es nicht, rational zu begründen, dass wir für die lokale und globale Kühlung durch Bäche wieder ein gutes Mikroklima herstellen, sondern wir müssen uns körperlich wieder verbinden – indem wir in Flüssen baden, von ihrem Wasser trinken sowie mit, an und in ihnen tätig sind. Die Wertschätzung für die kleinen Gewässer ist deshalb so wichtig, weil darüber ein Wasserbewusstsein entstehen kann. Sie sind – anders als die großen Flüsse und Seen – überall: Wir können sie in unmittelbarer Nähe zu unserer Haustür finden.

MK  Torsten, in deinem Buch beschreibst du viele unterschiedliche Beziehungen zwischen Quellen, Bächen, Teichen und Menschen. Du erzählst von Anglergruppen, Mühlenbesitzern oder auch Kurfürsten, die vor zwei bis drei Jahrhunderten mit viel Gestaltungswillen Fischteiche in den Landschaften angelegt haben. Wie kann dieses Eingreifen und Gestalten auf eine lebensfördernde Weise stattfinden?

TS  Es ist wichtig, anzuerkennen, dass wir als Menschen Landschaft verändern und bereits seit vielen Jahrtausenden verändert haben. Spannend ist die Frage, was die Landschaftsveränderung ausmacht, und ob sie Vielfalt und Lebendigkeit entstehen lässt. Die vielen Karpfen- und Forellenteiche, die es in Deutschland mal gab, waren die ausgelagerten Kühlschränke, die einer bestimmten Ernährungsform dienten. Würden wir sie heute wieder rekultivieren, könnten sie die Funktion übernehmen, die Landschaft zu kühlen. Etwas anderes ist es, wenn man heute große Stauseen anlegt. Solche Großprojekte tragen nie zu mehr Lebendigkeit bei, sondern zerstören fein aufeinander abgestimmte Lebensräume. So führte beispielsweise der Bau des Alta-Stausees in Norwegen zu Protesten der indigenen Sami, die dadurch viele traditionelle Weidegebiete für ihre Rentiere verloren.

Aber auch in industriell geprägten Landschaften ist es möglich, Beziehungen aufzubauen. Einer meiner Lieblingsplätze liegt zwischen einer Bundesstraße, einer Fabrik und einem Gewerbe-gebiet. Es ist ein kleines Waldstück mit dem Wehr einer alten Mühle. Wenn ich dort sitze, dem Rauschen des Wassers lausche, die angeschwemmten Baumstämme betrachte und die Ambivalenz dieses Ortes aushalte, kann ich selbst dort Schönheit und Wildheit finden. 

TH  Zu Besuch im »Haus des Wandels«, einem Gemeinschaftsprojekt in Ostbrandenburg, bin ich täglich um den nahegelegenen Heinersdorfer See spaziert. Es war fast eine meditative Runde, denn ich kannte den Weg schon und wusste genau: »Das ist der Weg, den ich gehen werde.« Ich musste keine Entscheidung treffen, wo ich langlaufe. Das machte es mir leichter, mich auf die Umgebung einzulassen.

CB  Als ich in einem Gespräch mit dem Naturschutz-beauftragten Peter Strohwasser von meiner Idee erzählte, dass auch Flüsse einen Rechtsstatus erhalten könnten, fragte mich dieser, woher ich denn wissen wolle, was die Loisach will. Damals hatte ich keine Antwort parat. Heute würde ich sagen: »Wir wissen ja auch ungefähr, was beispielsweise ein Pferd will. Wir wissen, dass es nicht allein sein will, weil Pferde Herdentiere sind, und wir wissen, wie Pferde kommunizieren.« Das gleiche weiß ich von einem Fluss: Ich weiß, welche Fische darin leben, und welche Vögel an seinem Ufer, welches Geröll er mit sich führt oder wie er mäandert; wir haben Wissen über Strömungen und vieles mehr. Also würde ich heute sagen: »Ja, wir können berechtigte Aussagen darüber treffen, was ein Fluss will.«

TS  Aber wir verlernen es in der Alltagssprache. Die Worte, die wir von einem Fluss kennen, sind alle negativ konnotiert: ausufern, verwässern, zerfließen. Das sind alles Worte dafür, was ein Fluss unbedingt will, aber wir haben sie ihrer ganz eigenen Bedeutung entfremdet. Das »Ausufern« ist ebenso wichtig für einen Fluss wie das Mäandern, wodurch vielfältige Ausdrucksformen entstehen. Ein Fluss erzählt mir viel über Zeit. Ein Fluss ist kein Strahl, keine Monotonie. Er oder sie ist ein Sinnbild für eine zyklische Lebensweise, auch für ein Vor und Zurück, für ein Schlagen von Kurven, für Zwischenräume, für individuelle, einmalige Strukturen – und trotzdem geht es voran. Wenn ich in diese Beziehung eintauche, erfahre ich viel mehr als nur eine Landschaftsform. Soweit ich weiß, sind die ersten menschlichen Ansiedlungen in Flusstälern nahe am Wasser entstanden. Flüsse zeigen eine vorgegebene Route und damit auch eine klare Begrenzung, die Sicherheit und Orientierung geben kann.

TH  Ich frage mich, was diese Grenzen in Bezug auf Rechts-formen bedeuten. Einerseits sehe ich auch, dass Flüsse ganz klare Grenzen haben, andererseits interagieren sie auch mit der sie umgebenden Landschaft. Das sind komplexe Prozesse. Der Bach prägt die Uferbiotope und die ihn umgebende Landschaft, inklusive des Grundwasserspiegels – und das beruht auf Wechselseitigkeit. Wie würde das rechtlich vertreten werden, wo sind die Grenzen des zu schützenden Bereichs? Claus, du hast mal einen Spruch der Maori zitiert: I am the River and the River is me – »Ich bin der Fluss, und der Fluss ist ich.« Wer dürfte überhaupt einen Fluss vertreten, und welche Kriterien sind dafür denkbar?

CB  Da komme ich wieder auf den Naturschutzbeauftragten Peter Strohwasser zurück. Damals habe ich zu ihm gesagt: »Wenn die Loisach Eigenrechte bekäme, würde ich dich beauftragen, sie zu vertreten. Als jemand, der so über die Loisach spricht wie du, und dem Fluss so nahe ist,wie du, wirst du an dieser Stelle gebraucht!« Ein Fluss hat meist erst dann Fürsprecher in der Umweltbewegung, wenn etwas droht. Gerade jetzt setze ich mich für die Loisach ein, weil nichts droht. Wir können in Ruhe überlegen, wie es anders ausschauen kann. In Neuseeland wurde ein Vertreter der Maori gewählt, um für den Fluss zu sprechen. Bisher gab es noch keinen Vorfall oder keine Gelegenheit. Es ist eine gute Frage, wie das dann einmal vor Gericht genau aussehen würde.

MK  Im Zusammenhang mit dem »Eigenen« eines Flusses denke ich auch an das Buch »Das Leben als letzte Gelegenheit« der Erziehungswissenschaftlerin Marianne Gronemeyer. Darin stellte sie die These auf, dass sich unser europäisch-neuzeitliches Sicherheits- und Kontrolldenken, für das beispielsweise der Philosoph René Descartes steht, aus der Erfahrung der übermächtigen Pest entwickelte. Was ich kontrollieren kann, ist sicher. Dafür war es notwendig, sich von der »Natur« zu distanzieren, indem ihre Eigenmächtigkeit bezwungen, ihr Eigensinn auf die Nutzbarkeit für den Menschen umgelenkt und ihre Eigenart genommen wurden. Wenn wir hier von den konkreten Wasserorten sprechen, mit denen wir uns verbunden fühlen, tritt dieses Eigene eines Flusses oder Bachs gerade dadurch wieder zutage, dass wir in einen dialogischen Kontakt gehen.

CB  Du hast mir den »Eigensinn« gerade mit einer ganz neuen Betonung gegeben. Das ist ganz wunderbar!

TS  Das allererste in dieser Beziehung ist für mich, den Fluss einfach in Ruhe zu lassen und ihm Freiraum zu gewähren. Ich führe gerade einen harten Kampf in meiner Gemeinde, dass das letzte Stück Modau nicht zugebaut wird.

TH  In Ruhe lassen ist das eine. Was aber wäre ein commonisch genutzter Fluss? Gibt es dafür, oder allgemein für Wasser als Allmende, Beispiele? 

TS  Darunter würde ich das Halten von Fischen in einem Dorfteich oder den gemeinsamen Blick angelnder Menschen auf den Zustand ihres Bachs verstehen. Auch das Rekultivieren von Kneippbecken und Wassermühlen würde die Anbindung mit einem Nutzen verbinden, der – in Maßen – dem Fluss nicht schadet. Mühlen wurden früher für alles Mögliche verwendet, etwa als Schleifmühlen für Glas oder als Ölmühlen. Ich glaube, erstmal wäre es wichtig, überhaupt wieder ein Bewusstsein für den Fluss zu schaffen. Inzwischen sind uns viele Geräusche, auch die Wasser-geräusche, fremd geworden. In einem Ort hier in der Gegend wurde die Idee einer Umweltbeauftragten, den Fluss in einer Betonrinne mit ein paar Steinen und Holz minimal zu renaturieren abgelehnt, weil es zu laut würde, wenn es wieder rauscht.

CB  In den USA gibt es die Initiative »Adopt a Highway«. Ich habe vor vielen Jahren eine Allee gesäubert. Was Flüsse angeht, habe ich das schon zweimal mit meinem Neffen getan. Wir sind mit einem Boot voll Plastik zurückgekommen. Das war vor 15 Jahren. 

TH  Ich finde den Gedanken des Loslassens und Fließenlassens interessant: Ich werfe etwas in den Fluss – und weg ist es. Was die Flüsse wohl schon so alles transportiert haben?

CB  Ich habe mir für die Loisach vorgenommen, in den nächsten zwei Jahren in allen anliegenden Gemeinden Kinder und Jugendliche zu einem »Council of all Beings«, einem »Rat aller Wesen«, einzuladen, um die Loisach spielerisch zur Mitwirkenden zu machen. Eine Montessorischule in München hat mir vor ein paar Tagen geschrieben, sie würden sich gerne beteiligen.

TS  Flussspiele. Vielleicht ist Spiel auch eine Form von Schönheit. Vielleicht entsteht daraus auch ein ganz neues Flussbewusstsein – eine »Wasseroffenheit«.

TH  Ich wohne ja an einer alten Mühle. Wir haben zwar kein Mühlrad mehr, aber ich bin ganz inspiriert von verschiedenen Ideen, irgendwann wieder einen Bachkontakt herzustellen!

Gibt es noch Geschichten oder Erfahrungen mit Gewässern, die ihr teilen möchtet?

CB  Das Murnauer Moos ist eine Kerbe, das Loisachtal ist eng – und wenn es viel regnet, dann steht alles unter Wasser. Einmal hat es mehr geregnet als sonst, das Wasser stieg höher, und es sah von oben so aus, als ob hier nie Menschen gesiedelt hätten. Es hat gedampft, und ich wollte diesen Anblick am Tag darauf fotografieren. Doch am nächsten Tag war alles weg, das Moos hatte das ganze Wasser aufgesaugt. Das war für mich ein Bild dafür, welchen Wasserspeicher wir hier haben. Das ist ein Schatz!

TS  Vor zwei Jahren hatten wir die erste Biberspur an der Modau – eine kleine gefällte Weide. Das war für mich eine Ehre. Ich bewundere Biber und bin fasziniert von ihnen. Ich habe gelernt, wie fürsorglich sie sind, als ich mit dem damals einzigen Biberberater Deutschlands, Willi Bergerhausen, in der Eifel an der Rur gesprochen habe. 2003 gab es einen Hitzesommer, und in einem Seitenbach der Rur wohnte eine Biberfamilie. Als der Bach trockenfiel, haben die Elterntiere einen Graben gezogen – über 200 Meter zur Rur! Damit haben sie ihren Heimatbach wieder geflutet und den Eingang ihrer Biberburg wieder unter Wasser gesetzt. Dafür habe ich nur Bewunderung, und mir fehlen die Worte. Neben diese schöne Geschichte möchte ich noch eine traurige stellen – von Gewässern, die wir in unserem Gespräch noch nicht genannt haben: Was wir gar nicht mehr wahrnehmen, sind Pfützen. Wo gibt es noch Pfützen, wenn alles gerade und eben ist? Wer springt noch in sie hinein? Deshalb gibt es auch keine Rot- und Gelbbauchunken mehr. Viele Amphibien sind vom Aussterben bedroht, weil sie diese Minigewässer brauchen.

CB  Ich habe seit fast 20 Jahren keine Gelbbauchunke mehr gesehen. 

MK  Ich weiß nicht, ob das ein Trost ist, aber ich habe letztes Jahr auf einem Spaziergang mit meiner Schwester an ebenjenen Teichen, die ich eingangs erwähnte, zum ersten Mal in meinem Leben eine Unke gehört. 

Nun haben wir einen ganz reichen Bogen an persönlichen Beziehungen und Zugängen zu Gewässern und dem, was Wasser mit uns macht, gespannt. Das Bild, das mir dazu jetzt einfällt, ist das einer sprudelnden Quelle, die wir mit diesem Gespräch geöffnet haben. Habt Dank für den schönen Austausch! //



Claus Biegert (74) ist Autor, Journalist und Filmemacher. Seit fünf Jahrzehnten ist er indigenen Gruppen Nordamerikas verbunden. Er ist Mitherausgeber des Buchs »Vom Wesen des Wassers« und setzt sich dafür ein, der Loisach Eigenrechte zu verleihen.  biegert-film.de

Torsten Schäfer (44) ist Autor, Wildnispädagoge und Professor für Journalismus an der Hochschule Darmstadt. Seit seiner Jugend engagiert er sich im Umweltschutz und angelt. Er hat das Buch »Wasserpfade. Streifzüge an heimischen Ufern« geschrieben (siehe Oya 66). 


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