Titelthema

Innere Anatomie

Oya-Herausgeber Johannes Heimrath traf die Theologin Katharina Ceming und den Kulturjournalisten Gert Scobel zu einem Austausch über Menschenbilder, Innenräume und den Sinn des großen Ganzen.von Johannes Heimrath, Katharina Ceming, Gert Scobel, erschienen in Ausgabe #11/2011

Johannes Heimrath Wir sind aufgeklärte Menschen, voll und ganz im 21. Jahrhundert angekommen. Und wir erfahren Bereiche, die nicht ganz einfach physisch festzunageln sind, eine Art innere Anatomie, die so gar nichts mit unserer äußeren Anatomie zu tun hat. Wie können wir angemessen über diese Räume sprechen, ohne uns alter Bilder zu bedienen? Und was bewegt Sie persönlich, sich mit Religion, Philosophie, Geisteskultur zu beschäftigen?

Katharina Ceming Ich habe immer gerne in diesen Innenraum geblickt. Das führte zunächst dazu, dass ich Theologie studierte. Religiöse Systeme können heute aber nicht so wie vor 2000 Jahren gelebt werden. Wie bekommen wir also die Erfahrung unserer Weltwirklichkeit, die sich durch ein anderes Welt- und Menschenbild artikuliert, mit spirituellen Traditionen zusammen? Und wie können wir aus diesem Inneren heraus unser Leben im Äußeren ändern? Denn wenn wir weitermachen wie bisher, dann fahren wir an die Wand.

Gert Scobel Mich beschäftigt, was wohl die meisten Menschen heute auch beschäftigt: die ökologischen Probleme, der offensichtliche Zerfall des Finanzsystems, die zunehmende Ungleichverteilung zwischen Arm und Reich. Ausgelöst durch Neugier, Gespräche und das Lesen hatte ich schon sehr früh das Gefühl, die Beschäftigung mit Philosophie sei ein Weg, um innere Probleme, wenn nicht zu lösen, dann doch wenigstens zu klären. Zudem habe ich mich relativ früh mit Yoga und Meditation beschäftigt.

JH Vorhin fiel das Wort »Menschenbild«. In Weisheitstraditionen, Philosophie und Naturwissenschaften wird oft vom ganzheitlichen Menschenbild gesprochen. Welche Aspekte müsste ein Menschenbild enthalten, das uns als aufgeklärte Menschen, die auch diese innere Anatomie erfahren, nicht beleidigt?

GS Fragen ergeben sich vor allem durch die Widersprüche, die ein angeblich oder tatsächlich ganzheitliches Menschenbild in sich birgt. Geschichtlich betrachtet, waren alle Aspekte immer schon da. Was hat uns geprägt? Erfahrungen wie Essen, Trinken, Liebe, Sexualität, Träume, Tod – alles, was dazugehört, seit es Zeugnisse menschlichen Lebens gibt. Heute erkennen wir, dass diese Dinge zusammenhängen. Das ist aber eine sehr alte Erkenntnis. Vielleicht leiden wir heute spezifisch darunter, dass wir es mit zeitlich asynchronen Vorgängen zu tun haben: In der Liebe sind wir romantisch und damit hundertfünfzig Jahre zurück, im Umgang mit Straßenverkehr sind wir hypermodern, aggressiv, technisch.

KC Seit der Spätrenaissance steht eine naturwissenschaftliche ­Rationalität im Vordergrund, aber erst heute erleben wir deren volle Kehrseite: Etwa die Kernenergie – wir erkennen, dass wir etwas geschaffen haben, mit dem wir gar nicht umgehen können. Ist es Ausdruck vollendeter Rationalität, wenn sich eine Gattung den eigenen Ast absägt? Dazu gab es Gegenbewegungen bis hin zu regelrecht antirationalen Strömungen, auch in der spirituellen Szene. Da war dann alles nur noch Gefühl. Es geht aber vor allem darum, Verantwortung für uns und unsere Mitwelt zu übernehmen. Dazu gehört die Ausbildung von Empathie. Die große Frage ist: Wie können wir lernen, mit sieben Milliarden Mitmenschen zu überleben?

GS Solche Paradigmenwechsel gab es immer schon. Ein hoch­inter­essantes Ausgrabungsgebiet liegt im Grenzgebiet von Türkei, Irak und Iran. Dort fand man rituelle Grabstätten von 9500 v. Chr., also aus jener Zeit, zu der nach herkömmlicher Theorie bereits die Ackerbau-Gesellschaft eingesetzt hatte – der größte Bruch der letzten fünfzehntausend Jahre, denn damit beginnt das exponentielle Wachstum des Menschen. Tausend Jahre später wurden diese rituellen Stätten zugeschüttet. Warum? Eine naheliegende Erklärung ist, dass man in den neu entstandenen Städten die alten Götter der Jagd – die in Stein gemeißelten Tiergestalten – durch neue Götter ersetzen wollte, dargestellt in Form von Sternen. Die Wettergötter ersetzten die alten Götter, denn die waren nun wichtig für Saat und Ernte. Plötzlich existiert eine ganz neue Rationalitätsform: vom Jagen zum Ackerbau. Das sind Umbrüche von mindestens der Intensität und Reichweite, wie wir sie heute mit dem Finanzsystem erleben. So etwas gibt es, seit wir aufgehört haben, uns mit den Neandertalern zu hauen.

JH Etwas Neandertaler ist ja auch in uns, angeblich vier Prozent.

GS Vier Prozent, ja.

JH Ich liebe die Neandertaler für diese vier Prozent.

GS Für mich bin ich mir da nicht so sicher …

JH Ich habe Hoffnung, seit ich gelesen habe, dass Neandertaler im Vorderen Orient vor 40 000 Jahren dem Leichnam Ocker und Blumen mitgegeben haben. Diese Vorstellung rührte mich beim Lesen zu Tränen. Welche Kulturvorstellung, welchen Innenraum müssen die Neandertaler besessen haben? Vielleicht haben wir dieses Erbe vom Homo neandertalensis, nicht vom Homo sapiens sapiens …

GS Selbst bei Schimpansen wurden Begräbnisrituale beobachtet.

JH Interessant finde ich, dass sich grundlegende Konzepte offenbar nicht in ihrer Qualität, sondern nur in ihrer Ausprägung ändern. Ich sehe noch deutlich die Live-Bilder vor mir, als Neil Armstrong aus der Mondfähre stieg. Damals dachte ich, dieser Moment müsste auf der Erde eine Einheit von nie dagewesener Intensität erzeugen. Warum machen wir immer noch denselben Mist?

GS Es war eben auch die heiße Phase des Kalten Kriegs.

JH Trotz solch unglaublicher Technik lebt in uns das Stammhirn fort. Wenn wir über ein Menschenbild sprechen, muss ich gestehen, dass ich heute Mühe habe, das Ich zu verorten. ­Immer wieder beschäftigt mich der Gedanke, dass mein Körper 100 Billionen Einzeller beherbergt. Wer genau sagt da eigentlich zu sich »Ich«?

KC Entscheidend ist, dass es bei aller Vielfalt etwas gibt, das die Frage »Wer bin ich?« stellen kann.

JH Ja, wer sind Sie denn?

KC Wenn ich morgens in den Spiegel blicke, stelle ich fest, ich sehe anders aus als vor zwanzig Jahren, aber: Ich bin es. Dann ist da auch dieses heraklitische Gefühl: Alles fließt. Um jedoch von einem Fluss sprechen zu können, brauche ich eine Warte – eine Art »Metasystem« –, die mir ermöglicht, zu erkennen, was da fließt. Hier setzen viele spirituelle Systeme mit Begriffen wie »wahres Selbst« oder »großes Selbst« an. Wäre ich reiner Wandel und permanentes Chaos, würde ich auseinanderfallen.

JH Wirklich?

KC Philosophisch lässt sich die reine Pluralität nicht denken. Ich muss immer auch die Einheit mitdenken. Das ist nicht das, was wir uns als Ego zusammenkonstruiert haben, aber irgendwo »da hinten« scheint etwas mitzulaufen, das verhindert, dass alles auseinander fällt. Von da an, wo der Mensch über sich reflektiert, läuft etwas mit, das nicht der Bedingtheit alles Relativen entspringt. Die alten Griechen nannten es nous oder logos, die Inder atman.

GS Dem stimme ich absolut zu.

JH Könnten solche Konzepte nicht auch einem komplexen mentalen Autoimmunsystem entspringen, um zu verhindern, dass ich das, was »Ich« sagt, verliere? Ein schrecklicher, aber auch sympathischer Gedanke, weil es der Anfang von etwas Neuem sein könnte …

GS Mag sein, dass wir Zusammenhänge künftig besser durchschauen und erkennen, dass wir selbst komplexe Teile eines komplexen Systems sind. Dass wir anfangen, dieses Ich-Modell zu ändern, das wir uns aufgebaut haben, um überhaupt kohärent handeln und denken zu können, glaube ich aber nicht.

JH Wie ist denn Ihre persönliche Erfahrung angesichts von Forschern, die Sie gar nicht existieren lassen, sondern nur als Interferenz bestimmter Felder betrachten?

GS Die lassen mich doch existieren. Wenn ich mit denen essen gehe, sagen die »du« oder »Sie« zu mir, und wissen, sie können die Quantenphysik vernachlässigen, wenn sie ein Schnitzel essen.

JH Warum gibt es dann Konzepte in der Physik, die von einer ganz anderen Welt als der Newton’schen ausgehen?

GS Da komme ich zurück zu meinem Beispiel aus der Steinzeit: Warum hatten diese Menschen auf einmal eine völlig andere Vorstellung von der Welt und schütteten ihre Heiligtümer zu? In der Evolutionsgeschichte laufen ständig Denk- und Lebensmodelle aus.

KC Ego-Konzeptionen haben sich wohl evolutionsbiologisch tatsächlich als beste Möglichkeit entpuppt, wie wir durchs Leben kommen. Auf der Bewusstseinsebene passiert aber noch etwas anderes. Dort gibt es eine »Metaebene«, in der das Ganze gründet. Diese brauche ich als Bedingung für die Möglichkeit dieses Ganzen, dieses Films des Lebens. In den spirituellen Traditionen wird betont: Wir können erkennen, dass da ein Projektor läuft und wir mehr sind als dieses Ego. Nur können wir über dieses Mehr nichts sagen, weil es nicht Teil unserer bedingten Alltagserfahrung ist.

JH Ich versuche immer, mich mit Konzepten so anzufreunden, dass das Gefühl, das ich von mir selbst entwickle, mit dem zu tun hat, was ich von der Wissenschaft geliefert bekomme: Kohärenz, Quantenvorstellungen oder die Neurobiologie meines Körpers. Soll ich diese nicht-stofflichen Konzepte nur als Nachrichten annehmen, oder sind es Bausteine für ein neues Menschenbild?

GS Wissenschaftliche Bilder beeinflussen meine Selbstwahrnehmung. Wenn ich zur Zeit der Industrialisierung gelebt habe und mir vorstelle, mein Körper funktioniere wie eine Dampfmaschine, oder wenn ich wie noch vor dreißig Jahren denke, mein Gehirn sei ein Computer, dann wird sich auch mein Verhältnis zu mir, meinem Körper und meinen Mitmenschen entsprechend entwickeln. Wir werden wohl immer von solchen Theorien mitgeprägt, können uns aber eine Rest-Skepsis erhalten.

JH Nehmen wir das Prinzip Verbundenheit. Immer mal wieder bitte ich Menschen, die Augen zu schließen und ihren Innenraum wahrzunehmen. Die meisten sehen da nicht Organe oder Knochen, sondern einen sphärischen, nicht-materiellen Innenraum. Der kann sehr klein sein, wird aber meist als etwas beschrieben, das über einen selbst hinausgeht. Dann stelle ich eine simple Frage: Wenn ich ebenfalls eine Sphäre wahrnehme, würde das nicht bedeuten, dass wir ineinander sitzen? Offenbar teilen wir einen Innenraum, der so gestaltet ist, dass wir uns durchdringen.

GS Wenn ich in solchen Metaphern und Bildern bleibe, ist das wohl eine korrekte Beschreibung dessen, was viele empfinden. Aber das Gegenteil ist auch wahr. Manchmal empfinde ich, dass wir nicht diesen Raum teilen, und ich anders bin als der andere. Das ist ein Oszillieren zwischen Differenz- und Einheitserfahrung. Die Frage ist, bewege ich mich mehr auf der einen oder auf der anderen Seite, und kann ich das relativ schnell hintereinander sehen?

JH Oder gleichzeitig …

GS … oder gleichzeitig, was relativ schwierig ist. Vermutlich ist es derzeit strategisch sinnvoll, die Einheit zu betonen, weil wir tatsächlich alle in einem Boot, sprich auf einem blauen Planeten sitzen. Wenn wir nicht gemeinsam agieren, gibt es ein Riesenproblem.

JH Das Vergnügen, das ich daraus beziehe, solche Bilder in mir zu bewegen, hilft mir – persönlich, subjektiv –, einen anderen Blick auf die Welt zu gewinnen. Dass es so nicht weitergehen kann, teilen wir ja. Wie aber kann es weitergehen? Und was kann ich ändern?

KC Ändern kann ich nur mich. Ich kann nicht voraussetzen, dass meine Erfahrung geteilt wird, aber ich kann versuchen, sie zu vermitteln. Andererseits gibt es intersubjektive Erfahrungen, die vom Großteil der Menschen ähnlich gemacht werden.

GS Wenn mir ein Stein auf den Fuß fällt, den ich alleine nicht wegbewegen kann, dann ist mir relativ egal, ob die Menschen, die mir helfen, erleuchtet sind oder ob das quantenmechanisch einen Sinn ergibt. Pragmatisch gestellt, lautet die Frage nach der Ganzheit: Wie wird Mitgefühl möglich? Wie entwickeln wir es? Wie kann es wachsen? Obwohl das Wort anderes suggeriert, handelt es sich dabei weniger um ein »Gefühl« als um eine Einstellung.

JH Wie haben Sie Mitgefühl entwickelt?

GS Vermutlich dadurch, dass mich jemand getröstet hat, was wohl weiter zurückreicht als der Aufbau meines Gedächtnisses.

KC Trösten wir, weil wir getröstet wurden? Das ist wie die Frage nach Henne und Ei. In spirituellen Traditionen geht es immer auch ums Mitempfinden. Aber wie können wir Empathie kultivieren?

GS Interessanterweise stürzen sich die Neurowissenschaften gerade massiv auf diese Frage.

JH  Vielfach gibt es dort einen utilitaristischen Anklang: Füge anderen nicht zu, was dir nicht zugefügt werden soll. Schön und gut. Aber meine Erfahrung sagt mir, es geht dabei um mehr.

KC Naturwissenschaftliche Erklärungen gehen von außen an die Sache heran. Das andere ist mein inneres Erfahren. Offensichtlich gibt es immer wieder Menschen, deren Handeln nicht vom Nutzen bestimmt wird. Das ist eine andere Qualität, als wenn ich »nur« mit dem kategorischen Imperativ operiere.

GS Einmal abgesehen von klinischen Soziopathen oder Psychopathen und von kriegerischen Auseinandersetzungen, hilft mir da im Alltag ein Gedanke des Dalai Lama: Wenn es stimmt, dass wir alle danach streben, glücklich zu werden, dann versucht der andere ebenso wie ich, glücklich zu sein, wenn vielleicht auch auf eine verkorkste Art und Weise. Allerdings erfordert das für mich Übung.

JH Steckt hinter der Übung eine Strategie?

GS Nehme ich den Standpunkt des Buddhismus ein, unterziehe ich mich der meditativen Übung – nicht um von A nach B zu kommen, sondern weil es meiner natürlichen Anlage entspricht. Ich kultiviere etwas, ohne gleich zu wissen, wohin es mich befördert.

JH Gibt es für Sie einen Übungsweg, Frau Ceming?

KC Es gibt einen Weg der meditativen Übung und einen reflektorisch-philosophischen, der darin besteht, mich zu fragen: Wer bin ich? Wo stehe ich? Was tue ich? Warum tue ich es jetzt? Und immer wieder den Mut zu haben, innezuhalten.

JH Woher kommt die innere Aufforderung: »Bleib stehen«?

KC Es ist ein ganzheitliches Erfahren. Manchmal, wenn ich an Wegscheiden stehe und mich frage: links, rechts, geradeaus oder zurück, dann merke ich, erstmal ist Stehenbleiben angesagt.

JH Ist damit ein Körperempfinden verbunden?

KC Manchmal merke ich, ich werde träge, gehemmt, kann nicht mit Elan nach links oder rechts. Dann setzt das Denken ein, und irgendwann ist da so eine Gewissheit, dass es jetzt gut ist.

JH Also ein Vorgang von hoher Komplexität, der wahrscheinlich kaum physisch abbildbar ist.

KC Ja.

JH Eine schwierige Sache für einen modernen Menschen …

GS Finde ich nicht. Etwas zu empfinden, zu verstehen oder zu erkennen, es aber nicht richtig formulieren oder ohne Weiteres in meine anderen Überzeugungen einfügen zu können – das ist eine Schwierigkeit, die wir immer schon hatten.

KC Menschheitlich.

GS Ja. Gerade fiel das Wort »Komplexität«. Das ist interessant, weil dies gegenwärtig das vorherrschende Thema in den Naturwissenschaften ist; die Geisteswissenschaften und die Politik hinken da noch hinterher. Als komplexe biologische Systeme beginnen wir zu begreifen: Komplexe Systeme funktionieren nicht nach mechanischen Prinzipien. Interessant, wenn auch sicher kein Zufall, ist auch, dass wir bislang nicht über Religion gesprochen haben.

JH Dahinter steckt eine latente Absicht.

GS Ich habe auch nicht den geringsten Impuls, über Religion zu sprechen. Ich glaube ohnehin, mit den Weisheitstraditionen kommt man weiter. Nehme ich Sätze aus den Weisheitstraditionen und streiche Namen wie »Jesus«, »Buddha«, »Mohammed«, weiß ich oft nicht, ob das aus einer indianischen, indischen oder sonstigen Tradition ist. Bei dogmatischen Systemen weiß ich es meist sofort. Das Material, aus dem Religionen und Weisheitstraditionen gemacht sind, ist dasselbe: Es ist, bildhaft gesprochen, Wasser. Nur habe ich es in der einen Form, bei Weisheit, mit Wasser in fluider Form zu tun und im anderen Fall, dem der Dogmatik, wird daraus ein Eispalast. Bis ans Ende aller Tage kann man darüber diskutieren, welcher Palast der schönere ist – ein müßiges Unterfangen.

JH Viel lieber als über dogmatische Systeme spreche ich über »­fluide« – wie Sie es gerade ausdrückten – Subjekte, die irgendwo im Hintergrund etwas erfahren, das sie selbst übersteigt. Auch da spielt ein Glaube mit, nämlich meiner, oder vielleicht eher ein Ahnen oder Wünschen, dass wir im Dialog Bausteine finden, die ein Menschenbild ergeben, dem sich viele Menschen anschließen können, weil es nicht von Dogmen, sondern von Empathie geprägt ist.

GS Ich denke in letzter Zeit häufiger über die Erfahrung der Einheit nach. Es gibt auch hier kein Allheilmittel, aber vieles, das weiterhelfen könnte, gerade im Umgang mit Kindern. Hilfreich wäre es, mit komplexen Systemen umgehen zu lernen, musische Qualitäten zu fördern und, in einem gewissen Maß, methodisches Training in Form von Meditation zu vermitteln. Wenn ich mich hinsetze und mich auf meinen Atem konzentriere, kann aus dieser scheinbar banalen Übung eine Fülle von Erfahrungen erwachsen. Wenn wir diese drei Faktoren berücksichtigen – ohne dass ich damit die Menschheitsprobleme und noch nicht mal meine eigenen gelöst hätte –, wird manches vielleicht etwas besser.

KC Erziehung und Bildung sind entscheidend. Wichtig für die Ausbildung der Ganzheit des Menschen ist ein spielerischer Ansatz, der auch die soziale Intelligenz fördert, insbesondere in Hinblick auf die Herausbildung von Empathie. Ebenso ist die Vermittlung von Spiritualität wichtig für eine Bildung, die nicht nur die Eingliederbarkeit der Kinder in die Wirtschaft zum Ziel hat.

JH Interessant, dass Sie beide noch die Bildung ansprechen. – ­Haben Sie vielen Dank für das Gespräch und gute Heimwege. 


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