Kapitel 8
Im letzten Kapitel erklärt Silke Helfrich, warum die Mustersprache von Christopher Alexander für die Zukunft wichtig sein kann, und wir erfahren, was die Kartoffeln Oya mit auf den Weg geben.
Die Autorinnen Ruth Becker und Eveline Linke legen mit dem Buch »Mehr als schöner wohnen!« die Ergebnisse ihrer umfangreichen Forschungen vor. Beide haben jahrelange berufliche und auch persönliche Erfahrungen mit Frauenwohnprojekten, und ihre Ausführungen sind lebendig und lebensnah. Im Zentrum stehen die anonymisierten Aussagen von 40 Bewohnerinnen aus neun Projekten. Nach einer Einführung in die Geschichte gemeinschaftlichen Frauenwohnens beschreiben die Autorinnen die untersuchten Projekte und gehen dann auf wichtige Aspekte ein: Zusammensetzung der Bewohnerinnen, Gemeinschaft, Selbstverwaltung und die Frage »Was bekommt frau im Projekt?«. Ausführlich analysieren sie Ansprüche und Widersprüche und raten am Schluss unter anderem, solche Projekte nicht zu überladen, nicht gleich die Welt retten zu wollen und zum Beispiel allzu große Vielfalt unter einem Dach zu vermeiden. Kritisch sehen sie gegenseitige Erwartungen an Fürsorglichkeit und Pflichtbewusstsein, die auf weiblichen Rollenklischees basieren. Wenn sie vorschlagen, statt alles selbst zu machen, lieber bezahlte Dienstleistungen für Organisation, Kochen etc. zu nutzen, zeigt das eine doch recht konventionelle marktwirtschaftliche Perspektive.
Zunehmend habe ich mich beim Lesen gefragt, ob das Lachen der beiden Frauen auf dem Titelbild wirklich freundlich ist oder vielleicht eher ein Zähnefletschen kaschiert. Der Widerspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit zieht sich – wie schon der Untertitel nahelegt – durch das ganze Buch. Es ist ein großes Verdienst der Autorinnen, dass sie keine Schleier falsch verstandener Solidarität über die Widersprüche, die sie entdeckt haben, legen. Der Grundtenor bleibt dabei immer solidarisch und vermittelt den Eindruck: wie schön, dass es solche Projekte gibt!
Spätestens ab dem zweiten Drittel des Buchs war ich jedoch leicht genervt. Ich hätte gerne mehr von den Frauen aus den Projekten erfahren, hätte mir gerne ein eigenes Bild davon gemacht, wie sie denken und empfinden. Stattdessen schien es mir, als würden die Autorinnen die oft nur sehr kurzen Zitate der von ihnen Interviewten vorrangig zur Illustration ihrer eigenen Auffassungen verwenden. Zunehmend kommentieren oder bewerten sie deren Aussagen. Bei aller offenkundigen Fachkompetenz war mir das mitunter zu selbstgewiss, und ich hätte mir mehr Fragen statt schneller Antworten gewünscht.
Insgesamt finde ich es aber ein sehr lesenswertes Buch, das viele wichtige Themen anspricht, mit denen Frauen, die gemeinschaftlich wohnen möchten, sich beizeiten auseinandersetzen sollten. Dass es für das Gelingen vor allem auf das Miteinander ankommt, gilt hier wie auch in gemischten Projekten. ◆
Mehr als schöner wohnen!
Frauenwohnprojekte zwischen Euphorie und Ernüchterung.
Ruth Becker und Eveline Linke
Ulrike Helmer Verlag, 2015
250 Seiten
19,95 Euro
Im letzten Kapitel erklärt Silke Helfrich, warum die Mustersprache von Christopher Alexander für die Zukunft wichtig sein kann, und wir erfahren, was die Kartoffeln Oya mit auf den Weg geben.
Als die Vorstellung beginnt, ist es mucksmäuschenstill. Dreiunddreißig Augenpaare sind auf Hanna und das Blatt Papier vor ihr gerichtet. Mit kräftiger Stimme trägt sie kleine Texte vor – sie handeln von Franz Kafkas Parabel »Die Brücke«, vom
Versuch eines Fazits.