Buchtipps

Market Gardening und Agroforst (Buchbesprechung)

von Jochen Schilk, erschienen in Ausgabe #70/2022
Photo

Leon Schleep hat selbst kaum Praxiserfahrungen mit den Themen seines Buchs »Market Gardening & Agroforst«. Wie der frisch studierte Ökolandwirt und derzeitige Einrichter eines Gemüse-Hofs in Hessen gleich zu Beginn freimütig einräumt, ist der vorliegende Band lediglich das Ergebnis einer Recherchereise in die vorhandene Literatur sowie zu Gemüsebetrieben, die meist schon seit ein paar Jahren mit der Integration von Gehölzen experimentieren.

Der Mix aus solidem akademischem Grundwissen, Kenntnis der neuesten Studien sowie die sehr motivierenden Interviews mit erfahrenen Praktikerinnen verleiht dem angenehm gestalteten Buch aber doch das nötige »Gewicht«. Seit einigen Jahren begeistert von der Agroforst-Idee, las ich es mit großem Interesse und habe dabei wieder einmal eine Menge gelernt. Allerdings hätte mir zum Einstieg in die spezifische Thematik eine detailliertere Definition des Begriffs »Market Gardening« geholfen.

Die hier angesprochenen Agroforst-Aspekte – zum Beispiel die Integration von Wertholz- und/oder Fruchtholz, Kopfbäumen, Stickstofffixierern, sowie Fragen der Konkurrenz oder der Synergien zwischen Pflanzen, Mulchen, Kompost, Pflanzenkohle, Pilzanbau oder Habitaten für Nützlinge – sind zugeschnitten auf die spezifischen Bedürfnisse beim Market-Gardening-Gemüseanbau. Hier gibt es neben bzw. innerhalb der intensiv bewirtschafteten, standardisierten Beete meist keinen zusätzlich verfügbaren Platz, und der Gedanke an die Integration von Gehölzen liegt zunächst einmal fern – selbst, wenn es sich um eher kleine fruchttragende Bäume oder Sträucher handelt. Doch das Buch erklärt gut, warum die Synthese von einjährigen und mehrjährigen Pflanzen in vielerlei Hinsicht iinnvoll ist  – und davon dürfen sich auch Hobbygärtner inspirieren lassen.

Die Pflanzlisten in Noemi Stadler-Kaulichs Buch »Dynamischer Agroforst«, das Leon Schleep als wichtigen Einfluss nennt, sind umfangreicher als bei ihm. Und während Jonas Gampe in seinem Agroforstbuch »Letzter Ausweg: Permakultur« eine Planung nach der anderen für alle möglichen Flächengrößen und Kontexte vorexerziert, wartet Leon Schleep im letzten Teil seines Buchs mit gerade einmal vier Beispielplanungen auf. So hat alles seine Vor- und Nachteile und ergänzt sich gegenseitig wie ... äh ... wie Kohlrabi und Chinesischer Gemüsebaum (Toona sinensis).



Market Gardening und Agroforst
Von Gemüse und Bäumen, Grundlagen und Vorbildern oder: Wie du mit Bäumen deinen
Gemüsebetrieb super resilient machst.
Leon Schleep
Löwenzahn, 2022
256 Seiten
ISBN 978-3706629645
26,90 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #70

Photo
von Tabea Heiligenstädt

Hevaltî heißt Freundinnenschaft

Nûjîn lebt seit mehreren Jahren in Rojava, Faraşîn seit einigen Monaten. Wir trafen uns in einer Videokonferenz; ich wollte mit den beiden über Sicherheit sprechen. Wenige Minuten vor unserem Gespräch wurden in den nahegelegenen Städten Til Temir und Kobanê

Photo
von Andrea Vetter

Was gibt Sicherheit?

Wir sind es gewohnt, über Sicherheit und Unsicherheit in Gegen-satzpaaren nachzudenken: Krieg – Frieden, Angst – Vertrauen, Wohlstand – Armut, -Arbeitslosigkeit – Arbeitsplatz, Obdachlosigkeit – Behausung, Wandel – Verlässlichkeit. Aber stimmt das auch?

Photo
von Anja Marwege

Füreinander sorgen

Fast fünf Jahre nach meinem ersten Besuch anlässlich eines Oya-Redaktionstreffens kehrte ich im Juli 2022 wieder ins »Haus des Wandels« (HdW) ein – diesmal, um mit zwei Dutzend Hütenden und acht Redaktionsmitgliedern das zweite Oya-Hoffest zu feiern. Das Haus

Ausgabe #70
Was gibt Sicherheit?

Cover OYA-Ausgabe 70
Neuigkeiten aus der Redaktion