Warum stehst du morgens auf?
Nach wenigstens neun, oftmals dreizehn Jahren Schule stehen junge Leute an dem Punkt, selbst entscheiden zu können oder zu müssen, was sie in Zukunft tun wollen: Welcher Beruf und welcher Weg dorthin könnte passen?
1972 veröffentlichte der Jurist Christopher D. Stone sein wegweisendes Plädoyer »Should Trees Have Standing?«, das nun als »Haben Bäume Rechte?« bei thinkOya neu aufgelegt wurde. Auslöser für seinen innovativen Beitrag zum Umweltrecht, der auch vier Jahrzehnte später nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat, waren die Pläne des Walt-Disney-Konzerns, im kalifornischen Mineral King Valley ein Skigebiet zu errichten. Die Klage der Naturschutzorganisation Sierra Club wurde abgewiesen, weil dessen Mitglieder nicht unmittelbar in ihren Rechten geschädigt worden wären. Dies brachte den jungen Juradozenten auf die so naheliegende wie unorthodoxe Idee, jene Partei, die dem Vorhaben direkt und schutzlos ausgesetzt war, als Klägerin vorzuschlagen: Das Tal selbst mit seinen Hängen, Senken, Flüssen, Felsen und Bäumen. Dass Landschaften und Bäume weder die menschliche Sprache beherrschen noch vor Gericht erscheinen können, war für Stone kein Hindernis. Schließlich können abstrakte Gebilde wie Unternehmen dies ebensowenig, dennoch genießen sie als »juristische Personen« unveräußerbare Rechte. Warum also nicht auch natürliche Organismen?
Praktisch angewendet, hätte dies Auswirkungen von enormer Tragweite. Man stelle sich vor: Erdölkonzerne würden im Namen der Weltmeere verklagt, agrarindustriell verseuchte Böden forderten Wiedergutmachung, das Weltklima zöge gegen CO2-intensive Industrien vor Gericht. – Absurd? Gewiss, nach extraktivistischer Verwertungslogik wäre damit kein Staat zu machen. Jedoch geht es hier um weit mehr als kurzfristigen Profit einerseits und spitzfindige Fragen politischer oder juristischer Korrektheit andererseits: In Zeiten verschärften Ökozids und Artensterbens wird drastisch sichtbar, dass nichts ohne etwas anderes überleben kann. Als reife Menschengemeinschaft stünde es uns nicht nur gut zu Gesicht, sondern es wäre auch in unserem eigenen Interesse, wenn wir den Entrechteten zu ihrem guten Recht verhälfen.
Haben Bäume Rechte?
Christopher D. Stone
thinkOya, 2014
128 Seiten
ISBN 978-3927369818
10,00 Euro
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Es gehört zum Selbstbild von Kommunen, schreibt der Soziologe Ulrich Linse in seinem Buch »Zurück o Mensch zur Mutter Erde«, dass sie sich »als Modelle für die Lösung gesellschaftlicher Probleme, ja sogar der Probleme der Gesellschaft verstehen«. Schon
Es ist Winter, als die Fotografin Samantha und ich im Dorf Tonndorf am Thüringer Wald zwischen Weimar und Erfurt aus dem kleinen Bus steigen und uns zu Fuß auf den Weg zum Schloss hinauf machen. Auf dem Innenhof herrscht reges Treiben. Seit den frühen Morgenstunden ist die